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Das Risiko hat sich gelohnt
Im Herbst 2006 dürfen sich die Genießer auf Eiswein freuen
In der Morgendämmerung war es soweit, die Zitterpartie von Kellermeister Jochen Sahler der Durbacher Winzergenossenschaft wurde belohnt. Bei klirrenden zehn Grad minus konnte der ersehnte Eiswein eingebracht werden. 182 Grad Oechsle wurden an der Kelter gemessen - im Gewürztraminer vom Durbacher Ölberg.
»Eiswein ist eine Prestigesache, aber auch ein hohes Risiko«, lässt sich Sahler vernehmen. Landauf landab wurde 2005 so gut wie nicht auf Eiswein spekuliert, da die Trauben dieses Jahrgangs recht dünnhäutig waren und Fäulnis zu befürchten war. Doch Sahler wollte Eiswein. Trotz viel Arbeit während der Lesekampagne fuhr er immer wieder durch die Weinberge, um eine geeignete Parzelle auszukundschaften. Diese fand sich schließlich bei Winzer Gerhard Wörner am Durbacher Ölberg. »Die Trauben waren kräftig und in allerbestem Zustand«, so der Kellermeister. Nach einer Vorlese ließ er einige Reihen mit etwa 100 Weinstöcken an dem steilen Gelände in Folie einpacken. Dies ist nötig, um die Trauben vor Regen, Schnee und Vogelfraß zu schützen. Dann begann das bange Warten. Denn »höchstens« sieben Minusgrade darf das Thermometer zeigen, sonst zählt der Tropfen nicht als Eiswein. Sahler hatte Glück. Auch der sehr feuchte Herbst konnte den Früchten nichts anhaben. Noch bei der Lese waren sie in gutem Zustand und einwandfrei essbar, wenn auch hart gefroren.
Bei Eiswein gilt es, die Trauben in gefrorenem Zustand auf die Kelter zu bringen. Das Wasser in den Beeren friert dann an die Zellwände und beim Pressen wird nur der Extrakt gewonnen, eine natürliche Konzentration. Noch am Vorabend hatte es geschneit und war nicht kalt genug. Mehrfach pendelte Sahler mit dem Thermometer zwischen Weinberg und Winzergenossenschaft, wo das Vorgehen beratschlagt wurde.
Acht Grad minus hatte der Wetterbericht vorhergesagt. Um etwa 23 Uhr klarte es endlich auf, und die Temperaturen begannen zu sinken. Sahler sandte ein Team in den Weinberg, um die Folien aufzuschneiden, damit die Trauben gefrieren. Die Quecksilbersäule am Morgen hatte die Zitterpartie belohnt. Noch bei Nacht rückten die Leser aus und konnten mit Taschenlampen bewaffnet die Ernte einbringen. Doch bis zum Genießen muss man noch warten. »Ein so hochwertiger Wein mit natürlicher Restsüße muss reifen. Wir werden ihn nicht vor Herbst 2006 anbieten«, sagt der Kellermeister.
Dieter Simon

Artikel vom 18.02.2006