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Tochter eines jüdischen
Juristen verschenkt Porträt

Albert Daltrops Bild hängt jetzt im Historischen Museum

Bielefeld (WB/mzh). Dank einer Spende des Anwaltvereins und auf Vermittlung Brigitte Deckers ist es gelungen, ein wichtiges Bild nach Bielefeld zu holen. Das 1946 entstandene Ölgemälde von Wilhelm Heiner zeigt den jüdischen Rechtsanwalt Albert Daltrop; es bereichert jetzt die Sammlung des Historischen Museums im Ravensberger Park.

Albert Daltrop (1887-1977) wählte den Anwaltsberuf, weil ihm - wie anderen jüdischen Deutschen auch - eine Beamtenkarriere erschwert wurde. Er legte 1914 die Staatsprüfung ab und verlor im Ersten Weltkrieg ein Auge. 1919 ließ sich Daltrop als Rechtsanwalt an der Detmolder Straße nieder, wo er auch nach 1933 noch praktizieren durfte - nur als »Konsolent« allerdings und nur in Vertretung jüdischer Bürger.
1943 wurden Albert Daltrop und seine Frau Charlotte ins KZ Theresienstadt deportiert. Beide überlebten den Horror, und Daltrop eröffnete sofort wieder ein Büro in Bielefeld. Klaus Heise, Vorsitzender des Anwaltvereins, kennt den versierten Strafverteidiger aus so manchem humorvollen und originellen Auftritt vor Gericht.
»Auf dem Gemälde blickt er uns nachdenklich und mit ungewohntem Ernst an«, meinte Heise gestern bei der Vorstellung des Porträts. Daltrop hatte sich zu Hause, aber in Robe malen lassen. »Wohl ein Akt der Selbstvergewisserung nach dem Schock der Verfolgung«, vermutet Dr. Gerhard Renda vom Historischen Museum.
Daltrops Porträt hing lange über dem Esstisch seiner im englischen Manchester lebenden Tochter Marianne (79). Sie war, zusammen mit ihrem um ein Jahr älteren Bruder Hans (John), per Kindertransport dem NS-Furor entkommen. Auf Vorschlag ihrer Freundin Brigitte Decker von der Friedensgemeinde der Altstädter Nicolaikirchengemeinde schenkte sie dem Museum das Bild. Dass das mit Hilfe einer Kunstspedition transportierte Werk (hierfür spendete der Anwaltverein 1000 Euro) nun die Sammlung schmücken dürfe, dokumentiere die Verbundenheit ihres Hauses mit der Bevölkerung, erklärte Museumsleiterin Dr. Cornelia Foerster.
Brigitte Decker besitzt weitere Dokumente aus Daltrops Nachlass. »Vielleicht lässt sich das hochinteressante Material später mit dem Porträt in einem eigenen Themenbereich zusammenfügen«, hofft die ehemalige Apothekerin, die seit vielen Jahren die Erinnerung an die antijüdischen Gräuel wachhält.

Artikel vom 15.02.2006