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Einer von 25
überschuldet

Älteren droht die Privatinsolvenz

Von Bernhard Hertlein
Bielefeld (WB). Nach den jungen Leuten geraten neuerdings zunehmend besonders Personen, die älter sind als 50 Jahre, in die Verschuldungsfalle. Ursachen sind vorrangig Arbeitslosigkeit oder Ehescheidung. Aber auch das zu späte Reagieren auf sinkende Realeinkommen kann schließlich in der privaten Insolvenz münden.

Nach Angaben der vier Creditreform-Kompetenzzentren in Ostwestfalen-Lippe ist die Zahl der Personen, die nach privater Insolvenz, eidesstattlicher Versicherung oder Haftandrohung als »überschuldet« eingestuft werden, um 3,9 Prozent auf 41 719 (Vorjahr: 39 195) gestiegen. Besonders deutlich ist der Zuwachs von 35,1 Prozent bei den 2001 neu in die deutsche Gesetzgebung eingeführten privaten Insolvenzen. Zum Vergleich: Bundesweit stieg die Zahl um 24,6 Prozent. »Ostwestfalen-Lippe holt in der Statistik leider auf«, meinte gestern Udo Roggenbuck (Creditreform Bielefeld). Gemessen an der Zahl der Einwohner älter als 18 Jahre beträgt der Anteil der überschuldeten Privatpersonen in OWL jetzt 4,0 (3,8) Prozent. Statistisch ist dies schon jeder 25.
Am höchsten ist der Anteil derer, die ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen, mit 4,7 (4,4) Prozent in Bielefeld. Kein Zufall: Hier ist auch die Arbeitslosenrate am höchsten. Nach Bielefeld folgen Herford mit 4,4 (4,2) und Minden-Lübbecke mit 4,3 (4,1) Prozent. Hinter Lippe (4,1/3,8) schneiden Paderborn (3,5/3,4), Höxter (3,4/3,2) und Gütersloh (3,3/3,2) parallel zur Arbeitsmarktstatistik relativ gut ab.
Trotz der Zunahmen gibt es auch eine positive Nachricht: Die Zahl der überschuldeten Privatpersonen zwischen 18 und 25 Jahren ist 2005 um 1,1 Prozent zurückgegangen. Zuvor war sie unter dem Einfluss von Handy- und Ratenverträgen ständig gestiegen. Roggenbuck führte die leichte Verbesserung bei der jungen Bevölkerungsgruppe darauf zurück, dass die Unternehmen heute nicht mehr so leichtfertig Kreditverträge abschließen. Die hohe Zahl an Schadensfällen habe sie offenbar veranlasst, vermehrt Bonitätsprüfungen durchzuführen und ihre Forderungen konsequent abzusichern. Auch steige die Zahl der Prepaid-Verträge, bei denen Leistungen an eine Vorabzahlung gebunden sind.
»Den typischen Schuldner gibt es nicht mehr«, erklärte Roggenbuch mit Blick auf den starken Anstieg um acht Prozent bei den über 50- Jährigen. Auch hier sind oft neu auftretende soziale Probleme die Ursache. Darüberhinaus beobachtet Creditreform jedoch auch eine nachlassende Zahlungsmoral in der Bevölkerung. Roggenbuck: »In Deutschland wird vorsätzliche Nichtzahlung allmählich zur Gefahr für die Volkswirtschaft.« Schließlich leisteten säumige Privatkunden auch wesentliche Beiträge zu so mancher Firmeninsolvenz.
Dass jemand im Verlauf seines Lebens in Zahlungsprobleme gerät, ist nach Ansicht Dirk Schotts (Creditreform Gütersloh) menschlich: »Wichtig ist nur, dass man reagiert und nicht einfach nur den Kopf in den Sand steckt.«

Artikel vom 15.02.2006