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Musikalische Impressionen
aus Böhmens Hain und Flur

Konzert des Freien Sinfonieorchesters Bielefeld

Von Uta Jostwerner
Bielefeld (WB). Drei Jahre nach seiner Gründung ist das Freie Sinfonieorchester Bielefeld (FSO) zu beachtlicher Größe angewachsen, und dies nicht nur im quantitativen Sinne. Denn bei seinem sechsten Konzert wartete das aus ambitionierten Laienmusikern bestehende Orchester mit musikantischem Schneid und großem Empfindungsreichtum auf.

Zweifelsohne waren viele Feunde gekommen, sich von der Musizierfreude der FSO-Mitglieder anstecken zu lassen, auch wenn nicht jeder Übergang und jeder Ton -Ê vornehmlich in den solistisch hervortretenden Bläsergruppen - perfekt saß. Zugeständnisse freilich müssen sein: In irgendetwas wird sich ein Laienorchester schließlich noch von einem Berufsorchester unterscheiden dürfen.
Carolin Nordmeyer indes, zweite Kapellmeisterin am Theater Bielefeld und künstlerische Leiterin des freien Orchesters, steht für Professionalität auf ganzer Linie. Die charismatische Dirigentin führte nicht nur sehr unterhaltsam in »Die Moldau« ein, sie ließ auch in Bezug auf die Ausdrucksintensität und den Spannungsreichtum keine Zugeständnisse zu. Und man staunt, wie sie mit ganzem Körpereinsatz das Orchester dazu bewegt, die Quellen lieblich blubbern zu lassen und im Strudel der Stromquellen nicht unterzugehen. Carolin Nordmeyer steht für eine sorgfältig ausdifferenzierte Dynamik und Akzentuierung. Merkmale, die auch im weiteren Verlauf des durchweg mit slawischen Komponisten und Impressionen aufwartenden Konzerts das Salz in der Suppe ergeben.
Auf Smetanas beliebte Tondichtung folgte mit Franz Krommer ein Komponist, der zu Lebzeiten (1759-1831) gleiche Anerkennung wie Beethoven, Schubert und Haydn erfuhr, dessen Werk aber erst in den vergangenen Jahren eine erneute Würdigung zuteil wird. Vornehmlich als origineller Tonsetzer von Klarinetten-Kompositionen ist der Tscheche in die Musikgeschichte eingegangen. Hier war es Agneta Sieweke, die dem Solopart mit geschmeidig verspielten Läufen und brillanter Verzierungskunst Atem einhauchte. Vornehmlich aber im Rondo mit seinem schelmisch verschmitzten Tonfall konnte die Klarinettistin, die nach Vordiplom an der Musikhochschule Detmold ihre Studien in Hannover fortsetzt, ihre Fähigkeiten pointiert ausspielen. Das Orchester lieferte dazu den allseits gefälligen Klanggrund.
In seinem musikantisch ungekünstelten Zugriff schließlich gefiel auch die Fünfte Sinfonie F-Dur von Antonin Dvorak. Vornehmlich die slawischen Merkmale wurden im energisch-schwungvollen Gestus schön herausgestellt, aber auch das Lyrische erhielt seine Wertschätzung und Würdigung. Der Lohn: Tosender Beifall.

Artikel vom 15.02.2006