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Dank an die Eltern nach
dem Rennen seines Lebens

Endlich am Ziel: Fischer »beißt« im Wald um Gold

Turin (dpa). Nach dem Rennen seines Lebens blieb Sven Fischer völlig ausgepumpt im Ziel liegen und fiel danach seinem Vater Willy in die Arme. Der 34-jährige Biathlet gewann endlich sein lang ersehntes olympisches Einzel-Gold.
Im Sprint über 10 Kilometer wurde der Thüringer zum dritten Mal nach den beiden Staffel-Siegen 1994 und 1998 Olympiasieger. »Im Ziel bin ich bewusst etwas länger liegen geblieben, weil ich wusste, gleich ist es mit der Ruhe vorbei«, sagte Fischer, der nach dem Erfolg von Michael Greis über 20 Kilometer das zweite deutsche Gold holte. »Wir haben zusammen viel durchgemacht. Schönes und auch weniger Schönes. Der Sport ist nur die schönste Nebensache«, dankte Fischer seinen Eltern.
Mit zwei tadellosen Schießen blieb der siebenfache Weltmeister in 26:12,6 Minuten vor den Norwegern Halvard Hanevold (26:19,8/0) und Frode Andresen (26:31,2/1). »Auf so ein Rennen haben wir seit Jahren hingearbeitet«, sagte Bundestrainer Frank Ullrich. »Ich bin froh, solche Athleten zu haben, die sich so quälen und schinden. Sven hat es verdient.«
Ricco Groß (Ruhpolding) fehlten als Siebter trotz einer makellosen Schiessbilanz 43,8 Sekunden auf Bronze. Alexander Wolf (Oberhof) als 15. hätte ohne zwei Fehler im Stehendanschlag vorn eingreifen können. Die drei Deutschen haben nun eine hervorragende Ausgangsposition für das Verfolgungsrennen über 12,5 Kilometer am Samstag. Hingegen startet Greis nach drei Strafrunden mit 2:11,3 Minuten Rückstand nur vom 35. Platz.
Den wohl letzten Moment der Ruhe vor dem Pflichtprogramm eines Olympiasiegers genoß Sven Fischer nach der Blumenzeremonie in inniger Umarmung mit Mutter Helga, seinem Vater und dem Bundestrainer. Den Kopf an die Schulter der Mutter drückte der Thüringer seine Dankbarkeit für die jahrelange Unterstützung seiner Eltern aus. »Ich muss jetzt beim Doktor bleiben. Ich bekomme fast einen Herzkasper«, sagte Vater und Manager Willy. Wie immer hatte er das Rennen im Wald erlebt, um »Sven nah ins Gesicht sehen zu können. Ich wusste nicht, wie er geschossen hat, aber ich habe erkannt, wie er um den Sieg beißt.«
Auch ein wenig Aberglaube half mit. Bundestrainer Ullrich drückte wie bereits beim Olympiasieg von Greis einen vergoldeten Glücks-Cent seiner Frau in der Hand. Willy Fischer faltete blind die Startliste. Als er wieder auf das Blatt schaute, sah er den Namen seines Sohnes ganz oben stehen.

Artikel vom 15.02.2006