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Unternehmen »hinter den Kulissen«

»Sennestadt GmbH« heute vor 50 Jahren gegründet - Motor der Stadtentwicklung

Von Ulrich Hohenhoff
Sennestadt (WB). Eine in der Öffentlichkeit kaum bekannte Institution, die ihre wirkungsvolle Arbeit eher hinter den Kulissen entfaltete, ohne die aber die Entwicklung von Sennestadt kaum denkbar gewesen wäre, feiert Geburtstag. Heute vor genau 50 Jahren unterschrieben im Bielefelder Kreishaus der damalige Gemeindedirektor von Senne II, Georg Erdmann, und Bürgermeister Wilhelm Bunte den Gesellschaftsvertrag zur Gründung der gemeinnützigen »Sennestadt GmbH«.

Das neue Unternehmen trat die Nachfolge der kommunalen Arbeitsgemeinschaft Bielefeld Stadt und Land an, die zuvor in Abstimmung mit der Gemeinde Senne II die Weichen für die Realisierung des ehrgeizigen Projektes Sennestadt nach den preisgekrönten Plänen von Prof. Dr. Hans Bernhard Reichow gestellt hatte. Vorrangiges Ziel war in der Vorphase die Linderung der Wohnungsnot und der Ersatz der unansehnlichen Barackensiedlungen.
Die Firmen-Gründung am 15. Februar 1956 erfolgte allerdings ohne die Stadt Bielefeld, Gesellschafter waren fortan der Landkreis Bielefeld, die Gemeinde Senne II und der Landschaftsverband Westfalen-Lippe. Und die Bilanz der ersten Jahre konnte sich sehen lassen. Als kommerziellem Träger des Aufbauprogramms von Sennestadt gelang es der »Sennestadt GmbH«, deren Grundkapital bei der Gründung ganze 30 000 DM betrug, allein in den ersten zehn Jahren ihres Bestehens 60 Millionen DM umzusetzen und praktisch eine komplette Stadt zu schaffen. In dieser Zeit wurden 400 Hektar Grundfläche erworben, 21 676 laufende Meter Straße, 24 000 laufende Meter Fußwege, 26 000 laufende Meter Wasserleitung mit einem Hochbehälter geschaffen, 3 400 Neubauwohnungen im sozialen Wohnungsbau und 450 frei finanzierte wurden errichtet. Dazu kamen Ladengeschäfte, Handwerksbetriebe und in den Industriegebieten Gewerbebetriebe. Geschäftsführer der ersten Stunde waren hauptamtlich Dr. Heinz Otto Engler und nebenamtlich Oberkreisdirektor Helmut Schütz.
Nach den stürmischen Gründerjahren kam es 1964 zur Liquidierung der »Sennestadt GmbH« in ihrer bestehenden Form, weil, wie es damals hieß, »die Kommunalisierung des Baugeschehens Sennestadt als abgeschlossen gilt«. Landkreis Bielefeld und Landschaftsverband zogen sich zurück, Alleinträger der als Entwicklungsgesellschaft weiter bestehenden GmbH wurde die Gemeinde Senne II, aus der 1965 schließlich die Sennestadt (mit Stadtrechten) wurde. Arbeit gab es immer noch reichlich, erst mit der kommunalen Neuordnung 1973 und der Eingemeindung von Sennestadt nach Bielefeld setzte eine Ruhepause ein. Die Stadt war nun alleiniger Gesellschafter der bis dato außerordentlich erfolgreichen »Sennestadt GmbH«. Von 1975 bis Mitte 1995 firmierte das Unternehmen als reine Vermögensverwaltungsgesellschaft. Das änderte sich ab 1. Juni 1995, als die »Sennestadt GmbH« im Zuge der städtebaulichen Entwicklung reaktiviert und wieder mit den ursprünglichen satzungsgemäßen Aufgaben betraut wurde. Hauptamtlicher Geschäftsführer wurde Bernd Güse, der die Geschicke der »Sennestadt GmbH« nach dem damaligen Stadtdirektor Klaus Meyer schon ehrenamtlich begleitet hatte. Unter Federführung des Büros für Städtebau und Raumordnung »Berief, Drees & Partner« wurden Konzepte entwickelt, die eine langfristige städtebauliche Entwicklung von Sennestadt fortschreiben - die Grundideen von Prof. Dr. Hans Bernhard Reichow immer im Auge behaltend.
»Noch für zwei bis drei Jahrzehnte gibt es genug zu tun für die »Sennestadt GmbH«, sie ist Motor der Entwicklung«, gibt sich Geschäftsführer Güse optimistisch. Allein schon Entwicklung, Erschließung und Vermarktung der Baugebiete Keilerweg, Württemberger Allee, Dalbke und ehemaliges Schilling-Werke-Gelände, der Umbau des Beckhofgeländes zusammen mit der Anstalt Bethel sowie die Renovierung von maroden Gebäudesubstanzen stellen die Verantwortlichen vor große Herausforderungen. »Auch in Eckardtsheim gibt es noch genügend Entwicklungspotenzial«, ist sich Güse sicher. »Eingegrenzt sind wir nur durch die bestehenden Wasserschutzgebiete. Stadtentwicklung ist aber ein Prozess, der immer aktiv ist.«
Und dass die »Sennestadt GmbH« seit ihrer Reaktivierung in den vergangenen Jahren »nicht ganz schlecht gewirtschaftet hat«, belegen auch die Zahlen. Das Unternehmen weist zum Ende des vergangenen Jahres eine Bilanzsumme von 14,5 Millionen Euro (1995 waren es 3,7 Millionen) aus, das Eigenkapital liegt bei 4,3 Millionen Euro (2,6 Millionen Euro). Dennoch: der Gründungsgeburtstag wird nicht extra gefeiert. »Das haben wir schon mit dem Sennestadtfest getan. . . «

Artikel vom 15.02.2006