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Erster großer Koalitionär

Mehr als Mann des Übergangs


Ein Beobachter nannte Kurt Georg Kiesinger im Herbst 1966 einen »unverbrauchten Politiker, der nicht in den Bonner Querelen Schaden gelitten hat, der sich nicht ... mit unversöhnlichen Gegnern herumschlagen muss; ein geachteter Landesvater, ein Mann gemäßigter Fortschrittlichkeit und gediegener Bildung, ein guter Katholik, aber mit liberalem Öl gesalbt, so dass ihn auch die Protestanten für einen der ihren halten können - ein Wahlkämpfer von hohen Graden«.
Als Kanzler der ersten großen Koalition, dessen Aufstieg aus kleinen Verhältnissen nicht selbstverständlich war, hatte er sich als Ministerpräsident von Baden-Württemberg Ansehen erworben. Kritik an seiner Tätigkeit als Leiter der Rundfunkabteilung im Reichsaußenministerium hielt er aus. Unter Kiesinger wurden Mitte der 60er Jahre die umstrittenen Notstandsgesetze verabschiedet. Wirtschaftliche Rezession und schwierige Finanzlagen konnte er überwinden.
Den Grundstein der neuen Ostpolitik bildete die Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit Rumänien und Jugoslawien. Ihn nur als »Übergangskanzler« zu sehen, wäre ungerecht. Maßgeblichen Anteil hatte er daran, dass die Republik flexibler wurde - nach innen und nach außen.Kiesinger starb am 9. März 1988.

Artikel vom 15.03.2006