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Prügelvideo: erste Festnahme

Britische Militärpolizei geht von Echtheit der Aufnahmen aus Irak aus

Paderborn/London (WB/DS/dpa). Nach der Veröffentlichung eines Videos mit prügelnden britischen Soldaten im Irak ist ein Mann festgenommen worden. Ob er zu den Uniformierten gehörte, die auf dem Band bei der Misshandlung irakischer Jugendlicher zu sehen sind, war zunächst unklar.

Die Ermittlungen stünden noch am Anfang, hieß es gestern im britischen Verteidigungsministerium. Der Verdächtige sei bereits Sonntagabend in Gewahrsam genommen worden und werde befragt. Die Militärpolizei geht nach britischen Medienberichten davon aus, dass die Videoaufnahmen echt sind. Die Ermittler seien intensiv um die Identifizierung der Soldaten bemüht, die auf dem Video zu sehen sind.
Zu den britischen Medienberichten, möglicherweise gehörten die prügelnden Soldaten zur in Paderborn stationierten 20. Panzerbrigade, erklärte gestern ein Sprecher der britischen Division in Herford, richtig sei, dass die Brigade zu jener Zeit im März 2004 in Basra im Irak stationiert gewesen sei - jedoch nicht als einzige Einheit. Im gleichen Zeitraum seien auch Truppen aus Großbritannien in Basra gewesen. Zu diesem Zeitpunkt könne man daher noch nicht sagen, woher die Soldaten stammten. Der Divisonssprecher betonte jedoch, dass die Täter auf jeden Fall streng bestraft würden.
Das Videoband war, wie berichtet, der Sonntagszeitung »News of the World« zugespielt worden. Mittlerweile ist es weltweit ausgestrahlt worden, auch von arabischen Fernsehsendern. Zu sehen sind Soldaten in Gefechtsuniformen, die drei harmlos aussehende Jugendliche in einen von einer Mauer umgebenen Hof zerren und mit langen Knüppeln verprügeln. Der britische Fernsender BBC zählte innerhalb von einer Minute 42 Schläge und Stöße gegen die Teenager. Sie wurden zudem getreten, einer von ihnen in die Genitalien. Auf dem Band ist eine Stimme - vermutlich die des Kameramanns zu hören, der die prügelnden Soldaten mit ordinären Worten anfeuert.
Die britische Regierung hatte umgehend eine Untersuchung angeordnet. »Das weltweite Ansehen britischer Soldaten muss verteidigt werden, indem die notwendigen Aktionen erfolgen«, sagte Schatzkanzler Gordon Brown, designierter Nachfolger von Premierminister Tony Blair. Blair betonte, die Vorwürfe würden vollständig aufgeklärt. »Die übergroße Mehrheit der britischen Truppen im Irak und anderswo verhält sich großartig und leistet Großartiges für unser Land und die Welt.« Blair verteidigte zugleich die Teilnahme Großbritanniens an der von den USA angeführten Invasion Iraks. Das britische Militär befinde sich auf der Basis von UN-Resolutionen im Irak und helfe dem Land, eine Demokratie aufzubauen.
Der Sprecher der britischen Truppen im Irak erklärte, die mit dem Video verbundenen Vorwürfe unangebrachter Brutalität beträfen »eine ganz kleine Zahl der 80 000 britischen Soldaten, die seit 2003 im Irak gedient haben«. Gegenwärtig sind in Basra 8000 britische Soldaten stationiert.
Derweil warnten britische Muslimführer, dass die Videoaufnahmen neue Gewalttaten im Nahen Osten, aber auch in Großbritannien auslösen könnten. »Vorfälle wie diese fügen unserem Ansehen in der muslimischen Welt enormen Schaden zu und bringen auch die britischen Truppen, die gewissenhaft ihre Pflicht erfüllen, in große Gefahr«, sagte der Generalsekretär des Rates der Muslime Großbritanniens, Sir Iqbal Sacranie.
Nach Angaben der konservativen Zeitung »The Times« bereiten muslimische Gruppen für den kommenden Samstag Protestaktionen vor. Die Organisatoren gingen selbst davon aus, dass es nicht leicht sein werde, den wachsenden Ärger besonders unter jungen Muslimen im Zaum zu halten.

Artikel vom 14.02.2006