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Tennis-Stern Becker lebt seinen Traum

Umzug ins Bundesleistungszentrum Hannover: 15-Jähriger vom BTTC hat große Ziele

Von Marc Schmedtlevin
und Franz Braun
Bielefeld (WB). Hannover ist die neue Heimat von Richard Becker. Seit August 2005 lebt und trainiert das Tennis-Talent vom Bielefelder TTC dort im Bundesleistungszentrum. Sein Tagesablauf ist dort voll und ganz auf das Spiel mit der gelben Filzkugel ausgerichtet.

Das Angebot aus Hannover kam für den 15-Jährigen eher unerwartet: »Bei einem Lehrgang im Mai wurde ich gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, in die Stadt und das Trainingszentrum zu ziehen.« Richard war von der Idee schnell begeistert und auch seine Eltern wollten ihm diese Chance nicht verbauen. Er konnte dann allerdings erst im August von seinem Wohnort Bad Oeynhausen nach Hannover umziehen, da er das angebrochene Schuljahr am Immanuel-Kant-Gymnasium noch beenden sollte.
In Niedersachsen besucht der Tennisspieler jetzt das Humboldt-Gymnasium, das eng mit dem Leistungszentrum zusammenarbeitet. Nach der Schule haben die Sportler die Möglichkeit, in einer Kantine des Landessportbundes zu essen. Anschließend geht es dann für Richard und seine Kollegen auf den Tennis-Court. »Wir sind hier in zwei Trainingsgruppen aufgeteilt. Eine spielt Tennis, die andere hat Konditionstraining. Dabei stehen uns zwei Trainingsplätze und eine Sporthalle zur Verfügung. Zusätzlich können wir Sauna und Whirlpool nutzen sowie zwei Mal pro Woche eine Massage in Anspruch nehmen«, erzählt der von den Trainingsbedingungen begeisterte Becker.
Auch das Niveau seiner Trainingskollegen sei höher und das Training intensiver als beispielsweise noch in Herford beim Stützpunkt des Tennis-Bezirks Ostwestfalen-Lippe. Mit seinem Zimmer im Bundesleistungszentrum ist Richard ebenfalls zufrieden: »Ich bin hier der einzige, der ein Einzelzimmer hat, da kann ich ab und zu etwas Ruhe genießen.« Nach Trainingsschluss - in der Regel gegen 18 Uhr - müssen sich die »Cracks« noch um die Schule kümmern. Zur Unterstützung wird den Spielern eine Hausaufgabenbetreuung angeboten, um versäumten Stoff aufzuarbeiten.
Doch Richard weiß: »Schule wird hier nicht in den Vordergrund gestellt. Wir sind alle hier, um Tennis zu spielen.« Und diese Einstellung scheint sich auszuzahlen. Richards jüngster Erfolg: Westfalenmeistertitel in der U16-Konkurrenz. Dabei spazierte der an Nummer eins gesetzte Nachwuchsspieler vom BTTC ohne Satzverlust durch das Turnier. Für die nächsten Wochen hat er einige Reisen geplant: »An diesem Wochenende spiele ich ein Turnier in Dänemark und auch diesen Monat noch eins in den Niederlanden.«
Das nächste Großereignis in Deutschland ist für den 15-Jährigen die Norddeutsche Meisterschaft. Doch dafür rechnet sich Richard nur Außenseiterchancen aus: »Ich bin nur durch meinen Sieg bei den Westfalenmeisterschaften noch in das Turnier gerutscht. Außerdem ist es eine U16-Konkurrenz. Auf dieser Ebene macht sich der Altersunterschied bemerkbar.«
Dennoch steht Becker in der deutschen Rangliste des Jahrgangs 1991 auf Platz acht. Sein Ziel ist es, diese Position in den nächsten Monaten noch zu verbessern. Seine Heimat sieht er natürlich auch noch regelmäßig: »An den turnierfreien Wochenenden bin ich noch in Bad Oeynhausen und besuche meine Familie. Natürlich auch meinen Klub den BTTC, den ich trotz meines Wechsels die Treue halte.« Allzu großes Heimweh kommt nicht auf. Und das ist auch gut so: Mindestens für die nächsten zwei Jahre wird das Tennis-Sternchen seinen Wohnsitz in Hannover haben. Dann ist die Probezeit im Bundesleistungszentrum beendet.
BTTC-Trainer Georg Magnus ist froh darüber, ein solch großes Nachwuchstalent in seinen Reihen zu haben. Zumal er mit Kai-Marvin Buscha und Patrick Marcel Pradella ebenso talentierte Nachwuchskräfte hat. »Richard ist ein schlagtechnisch sehr guter Spieler, der aber noch seine Beinarbeit verbessern muss. Dafür ist er in mentaler Hinsicht wieder stärker geworden. Für seine Entwicklung war es der richtige Schritt, ins Bundesleistungszentrum zu gehen«, erklärt BTTC-Herrentrainer Georg Magnus.
Ob die drei BTTC-Nachwuchstalente in einem Jugendteam zum Einsatz kommen, ist sehr fraglich. »Sie haben alle drei einen vollen Turnierkalender und sicher sind nicht alle Termine, Sommerrunde und Turniere, unter einen Hut zu bringen«, gibt sich Trainer Magnus skeptisch. Auch über einen Einsatz im Herrenteam, das ja bekanntlich den Aufstieg in die Oberliga schaffte, hat sich der BTTC-Trainer noch keine Gedanken gemacht. »Die Positionen eins bis fünf sind praktisch schon durch die Ranglistenpositionen vergeben. Sicher ist nur, dass wir rotieren werden. Für nähere Aussagen ist es jetzt noch zu früh«, so Übungsleiter Magnus.
Für Richard Becker ist das derzeit auch kein Thema, denn aktuell genießen Training und Turniere Vorrang.

Artikel vom 15.02.2006