13.02.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Dramatik kurz vor der Landung

Steve Fossett setzt neue Rekordmarke in der Geschichte der Luftfahrt

London (dpa). Hollywood dürfte mit der Verfilmung dieses Luftfahrt-Thrillers nicht lange warten. An Dramatik fehlte es der Reise des 61-jährigen Steve Fossett im Leichtflugzeug »Globalflyer« jedenfalls nicht.

Der Filmtitel liegt nahe: »Ein Mann, ein Flugzeug, eine Welt« - so das offizielle Motto für den Flug zum 110. Weltrekord des amerikanischen Abenteurers und Milliardärs. »Dies ist ein sehr bedeutender Rekord für mich«, sagte Fossett nach der Landung, die um Haaresbreite zu einer Katastrophe geworden wäre. Soweit wie er ist noch kein Mensch ohne Unterbrechung geflogen.
Eine neue Grenzmarke in der Geschichte der Luftfahrt ist erreicht. Abgesehen von Astronauten natürlich, die ein Vielfaches der von Fossett absolvierten Strecke von gut 42 000 Kilometern vorzuweisen haben, allerdings in einer anderen Liga spielen. Abgesehen auch von dem Schweizer Wissenschaftler Bertrand Piccard. Er gibt immer noch an, 1999 bei seiner Erdumrundung in einem Heißluftballon mehr als 45 000 Kilometer bewältigt zu haben.
Zum Leidwesen Piccards - einst der bedeutendste Konkurrent Fossetts - hat die Internationale Luftfahrt-Föderation (FAI) in Lausanne ihm »nur« eine Strecke von genau 40 813 Kilometern und 851 Metern zugemessen. 1999 reichte das zur Anerkennung des Non-Stop-Weitflug-Weltrekords. Nun ist der gefallen, wie es aussieht.
Ganz genau wird man das Rekordergebnis erst kennen, nachdem der »Geotracker« zur Streckenermittlung in Fossetts Leichtflugzeug präzise ausgewertet wurde. Bis dahin gilt das Wort des britischen Flugpioniers Richard Branson: »Steve ist weiter geflogen, als ein Mann oder eine Frau jemals geflogen ist.« Bransons Gesellschaft Virgin Atlantic hat Fossetts wagemutigen Flug technisch ermöglicht.
Der Jubel in der Flugleitzentrale von Virgin Atlantic bei London brach los, als Fosset am Samstagnachmittag über der irischen Stadt Shannon ankam und damit die bisherige Streckenrekordmarke erreichte. Kurz darauf das kalte Entsetzen: »Mayday, Mayday«. Fossett gab das Signal für einen schweren Notfall. Beim Sinkflug war der Generator ausgefallen.
»Ich hatte nur noch Batteriestrom für 25 Minuten«, berichtete Fossett. »Wir mussten ihn sofort runterbringen«, sagte Steve Ridgeway, der Manager von Virgin Atlantic. So warteten hunderte Schaulustige und die Fernsehleute vergeblich am südostenglischen Kent International Airport. Die Notlandung auf dem Flugplatz von Bournemouth an der südenglischen Küste fing nur eine Amateurkamera ein. Auf dem Video ist zu sehen, dass die Scheiben des schlingernden »Globalflyer« dicht vereist waren.
Die »Krise am Ende«, so Fossett, habe zu »mehreren gefährlichen Momenten« des Fluges gehört. Wieder auf dem Boden hatte er nach fast 77 Flugstunden einen einzigen großen Wunsch: »Eine sehr gute Nacht voller Schlaf.«

Artikel vom 13.02.2006