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Christlicher Kuschelrock begeisterte

The Harlem Gospel Singers und Queen Esther Marrow in der Stadthalle

Von Uta Jostwerner
und Bernhard Pierel (Foto)
Bielefeld (WB). Wer zuletzt vor gut zehn Jahren ein Konzert der Harlem Gospel Singers -Êdamals noch unplugged in der Oetkerhalle - besucht hatte, wird sich am Samstagabend in der fast ausverkauften Stadthalle verwundert Augen und Ohren gerieben haben.

Aus dem innigen Blues von damals ist eingängiger Kuschelrock geworden und der ekstatische Beat hat einem musicalähnlichen Sound Platz gemacht. Und die Show erst!
Sei's drum. Der Gospel, sprich die afroamerikanische Kirchenmusik ist zwar überliefertes Erbe, hat sich aber zugleich stets am Puls der Zeit weiterentwickelt. So mag der Einfluss populärer Trends und musikalischer Verflachungen erklärbar sein. Nun, herzerfrischend und mitreißend wirkt die Musik noch allemal, auch wenn der Off-beat nur noch mäßig rhythmisches Mitklatschen hervorbringt, die Bässe dröhnen und die Besinnung auf das Geistliche in den Hintergrund gerückt ist.
Da kann Queen Ether Marrow, die noch immer stimmgewaltige Urmutter des sich stets aus neuen talentierten Sängern und Sängerinnen speisenden Gospelchores, noch so glaubensfroh ins Mikro hauchen: »The Spirit of God is allways with us.«
Mag sein. Mehr noch aber scheint der Geist des allmächtigen Show-Biz dem Ensemble und der Band als Inspirationsquelle dienen. Vom ersten bis letzten Ton durchchoreografiert, befinden sich die Harlem Gospel Singers in ihren edel bestickten »Mess«-Gewändern stets im rechten Rampenlicht und in Bewegung. Die Showtreppe rauf und runter, die Arme heben, vorstrecken und durcheinanderwirbeln, dann rituelle, kraftraubende Tanzeinlagen - »Oh, Jesus«, Gospel heißt auch Ganzkörperarbeit und bringt in der aktuellen Sicht einen Zwitter aus Aerobic und Broadway-Show hervor.
Dazwischen blitzt - gemäß des Tournee-Titels - »The Power of Soul« hervor. Auch wenn sich die Queen zurücknimmt, so besitzt ihre Stimme immer noch einnehmende Größe, reiche farbliche Schattierungen und »dirty vibration«. Aber auch die Chormitglieder treten im Wechselgesang immer wieder solistisch hervor und dienen sich dem Geist des neuen Gospel mit seinen rockig-poppigen Arrangements an. Genau so mag das ostwestfälische Publikum die gesungene Nachricht des Evangelium und spendete der christlichen Popmusik begeisterten Beifall.

Artikel vom 13.02.2006