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Wildschweine radioaktiv verseucht

Zweiter Fall in der Senne - Fleisch ist für menschlichen Verzehr nicht geeignet

Von Ernst-Wilhelm Pape
Paderborn (WB). In diesem Jahr ist bereits bei zwei in der Senne erlegten Wildschweinen eine überhöhte radioaktive Belastung festgestellt worden. Das hat am Freitag das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt OWL in Detmold bestätigt.

Der Grenzwert von 600 Becquerel (Bq) Radiocäsium pro Kilogramm Fleisch sei überschritten worden. Bei einem Tier seien 781 Bq (diese Zeitung berichtete) und bei dem zweiten 625 Bq gemessen worden. Das Fleisch ist für den Verzehr nicht geeignet. Ein drittes Wildschwein, das am Freitag untersucht wurde, habe knapp unter dem Grenzwert gelegen, sagte eine Sprecherin. In allen Fällen habe es sich um Frischlinge (noch nicht einjährige Stücke) gehandelt. Frischlinge dürfen das ganze Jahr über geschossen werden. In diesem Jahr müsse mit weiteren überhöhten Werten gerechnet werden. Bisher seien 33 Stück Schwarzwild untersucht worden. Die durchschnittliche Belastung habe bei 300 bis 400 Bq gelegen.
In den beiden vergangenen Jahren habe es keine überhöhten Strahlenwerte gegeben. 2002 seien in der Paderborner Senne bei einem Tier 1990 Bq gemessen worden. 2003 habe der höchste Wert bei 1400 Bq in der Lippischen Senne gelegen.
Als Ursache für die Verseuchung von Wildschweinen gilt die Pilzart Hirschtrüffel. Diese unterirdisch wachsenden Trüffel nehmen das nach dem Reaktorunfall von Tschernobyl vor knapp 20 Jahren auch in Deutschland niedergegangene und langsam in tiefere Bodenschichten wandernde radioaktive Cäsium besonders gut auf. Bei der Nahrungssuche dringen die Wildschweine in tiefe Schichten vor.
Die Senne ist in NRW das einzige Gebiet, in dem nach dem Reaktorunfall radioaktiver Regen niederging. Betroffen sind der Truppenübungsplatz sowie alle angrenzenden Jagdreviere. Die Reviere liegen vor allem in den Kreisen Paderborn und Lippe sowie im geringerem Umfang auch im Kreis Gütersloh und der Stadt Bielefeld. Die höchsten radioaktiven Belastungen bei Wildschweinen wurden in Deutschland bisher in Bayern gemessen.

Artikel vom 11.02.2006