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Endspurt auf den Bronze-Platz

Biathlon: Martina Glagows Traum erfüllt sich - Wilhelm und Disl enttäuschen

Turin (dpa). Kaum war Martina Glagow mit einem furiosen Schlussspurt doch noch zum erhofften Edelmetall gestürmt, fand die Bronzemedaillen-Gewinnerin im Ziel noch genügend Atem für den sofortigen Anruf bei Schwester Anja.

»Sie hat sich fast noch mehr als ich gefreut und geweint. Das war mein bestes Geschenk zu ihrem heutigen 24. Geburtstag«, sagte die Biathletin aus Mittenwald gestern nach ihrem ersten olympischen Podestplatz. »Aber eigentlich ist das ja doof, das ist ja meine Medaille. Und die war ein großer Traum von mir.« Die 26-Jährige behielt in San Sicario als einzige der vier deutschen Edelmetall-Hoffnungen die Nerven. Beim Doppelerfolg der treffsicheren Russinnen Swetlana Ischmuratowa vor Olga Pylewa leistete sich Glagow nur zwei Schießfehler.
Dagegen büßte Andrea Henkel (Großbreitenbach), die Olympiasiegerin von 2002, mit zwei Fahrkarten beim letzten Schießen ihre Chance auf eine Medaille ein und landete auf Platz fünf. Noch schlimmer traf es Uschi Disl (Moosham) und Weltcup-Spitzenreiterin Kati Wilhelm (Zella- Mehlis): Mit jeweils fünf Fehlern belegten sie die Plätze 13 und 17. »Die Mädchen haben gut angefangen, dann aber Nerven gezeigt. Insgesamt acht Fehler beim letzten Stehend-Schießen sind einfach zu viel. Die vier Russinnen haben insgesamt nur neun verschossen«, sagte Bundestrainer Uwe Müssiggang. »Trotzdem bin ich zufrieden. Wir wollten eine aufs Treppchen bringen, und das ist gelungen.«
Martina Glagow war das Rennen bewusst verhalten angegangen, gab dann aber mächtig Gas. Mit der zweitschnellsten Laufzeit fing sie auf dem letzten Kilometer die Russin Albina Achatowa noch ab und verhinderte so den Dreifacherfolg der »Sbornaja«. Dabei war Glagow nach ihren zwei Schießfehlern skeptisch, ob es noch zu einer Medaille reichen würde. »Erst als mir die Betreuer auf der Schlussrunde zuriefen, dass ich auf Medaillenkurs laufe, glaubte ich wieder daran«, sagte die im Ziel völlig ausgepumpte Polizeimeisterin. »Es hätte keine 200 Meter weiter gehen dürfen. Ich war nach der irren letzten Runde total blau.«
Nicht unzufrieden mit Platz fünf war Andrea Henkel. »Die Laufleistung war allerdings nicht okay. Die entscheidenden Fehler waren Kopfsache. Es ist eben Olympia«, sagte die 28-Jährige mit einem Achselzucken. Uschi Disl wollte es zu genau machen. »Ich war extrem nervös. Das Stehendschießen ärgert mich fürchterlich. Ich habe zu spät abgedrückt«, erklärte die Staffel-Olympiasiegerin, die weiter auf einen olympischen Einzeltitel warten muss.
Pech hatte Kati Wilhelm. Die Thüringerin führte zur Halbzeit nach zwei fehlerlosen Schießen das Feld an, doch beim dritten Durchgang kam Wind auf. »Das habe ich nicht gesehen, sonst hätte ich reagiert«, sagte die Doppel-Olympiasiegerin von 2002. »Nach den drei Fehlern habe ich trotzdem noch um eine Medaille gekämpft und bin dann volles Risiko gegangen.« Doch die 29-Jährige musste »im schwersten 15-km- Rennen meines Lebens« der anspruchsvollen Strecke und der Höhe Tribut zollen. Zwei weitere Fehler bedeuteten das Aus im Kampf um die Medaillen. »Natürlich hatte ich mir mehr ausgerechnet. Das ist ärgerlich«, meinte Wilhelm, die im Sprintrennen über 7,5 km am Donnerstag Gelegenheit zur Revanche gegen die starken Russinnen hat.
Der Sieg von Ischmuratowa kam nicht überraschend. Die 33-Jährige hatte zwar erst in dieser Saison ihren ersten Weltcup-Sieg gefeiert. Dank konstant guter Leistungen führt sie auch im Einzel-Weltcup. Mit nur einem Schießfehler und einer starken Laufleistung lag Ischmuratowa am Ende 45,5 Sekunden vor Pylewa und 1:10,8 Minuten vor Glagow.

Artikel vom 14.02.2006