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VW-Chef Bernd
Pischetsreider

»Das Ergebnis der Marke VW ist völlig unbefriedigend.«

Leitartikel
VW vor Stellenabbau

Das Virus
greift weiter
um sich


Von Wolfgang Schäffer
Erst Opel und seine Konzernmutter General Motors. Dann Ford und DaimlerChrysler. Jetzt erreicht das Virus Entlassungswelle Volkswagen. 20 000 Stellen sind in Gefahr, kündigt der Vorstand an und spricht von »neuen Bedingungen« auf, die sich die Arbeitnehmer einzustellen hätten.
Neue Bedingungen?! Das heißt nichts anderes als mehr arbeiten für das gleiche oder gar weniger Geld. Zweifelsohne sind es unter anderem die hohen Personalkosten, die den Wolfsburger Konzern in die Krise geführt haben. 20 Prozent mehr als sonst in der Metallbranche wird an den Bändern von VW verdient. Der Grund dafür ist geschichtsträchtig und heißt Zonenrandgebiet.
Um die Attraktivität des Standorts zu erhöhen, führte der Autobauer in den 60er Jahren einen üppigen Haustarif ein. Der gilt noch heute, obwohl die Grenze zur ehemaligen DDR seit mehr als 15 Jahren nicht mehr existiert.
Betriebsrat, Gewerkschaften und niedersächsische Landesregierung (20prozentige Unternehmensbeteiligung) hatten bisher beim Wolfsburger Autobauer aber eine derart große Macht, dass weder an der Bezahlung noch am Personalbestand gerüttelt wurde.
Dass das in Zukunft anders wird, dafür stehen zwei Namen: Wolfgang Bernhard und Wendelin Wiedeking. Der neue VW-Marken-Vorstand Bernhard kündigte schon wenige Wochen nach seiner Amtsübernahme im Oktober 2004 ein Sparprogramm an. Bis 2008 soll VW die Kosten um sieben Milliarden Euro zurückfahren. Und wer Porsche-Chef Wiedeking kennt, weiß, dass der Beteiligungs-Einstieg der Sportwagenschmiede bei VW nicht ohne Folgen bleiben wird.
Bei der berechtigten Diskussion um Personal und Kosten darf aber nicht vergessen werden, dass bis in die jüngste Vergangenheit auch das Management kräftig zur Talfahrt von Europas größtem Autobauer beigetragen hat.
Ferdinand Piëch, der 1993 die Führung des schon damals arg schlingernden Konzerns übernahm, konnte zwar die Kosten senken. Doch es gab auch Entwicklungs- und Planungsfehler. Dafür steht beispielsweise die G-Lader-Technik (vor der Piëch-Zeit), die, mit viel Aufwand betrieben, viel Geld kostete, aber wenig Interesse fand.
Auch bei anderen Motorenkonzepten durften sich die Entwickler frei austoben, statt auf vorhandenes Konzernwissen zurückzugreifen. Ein Beispiel ist der VW-Pumpe-Düse-Diesel, der neben den TDI-Selbstzündern von Audi existiert.
Schlechte Planung bei den Modellen - die letzten Generationen von Golf und Passat liefen gleichzeitig aus, Sharan und Touran kamen viel zu spät, das fehlende Golf-Cabrio - und der unnötige Ausflug in die Luxusklasse mit dem kaum zu verkaufenden Phaeton haben ebenfalls dazu beigetragen, dass sich die Situation so dramatisch entwickelt hat.
Die VW-Führung muss jetzt ohne Wenn und Aber die Management-Fehler der Vergangenheit eingestehen. Nur so lässt sich das für den Umschwung notwendige Vertrauen bei den Beschäftigten gewinnen.

Artikel vom 13.02.2006