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Iglo-Tiefkühlkost vor Verkauf

Gewerkschaft kämpft um Arbeitsplätze - Oetker winkt ab: kein Interesse

Rotterdam/Bielefeld (dpa/WB/in). Das Geschäft mit Tiefkühlkost kommt durch den geplanten Verkauf der Unilever-Sparte mit ihrer Marke Iglo in Bewegung. Der niederländisch-britisch Konsumgüterkonzern teilte gestern in Rotterdam mit, dass er seine europäischen Tiefkühlmarken mit einer Ausnahme verkaufen wolle.

Es gebe kaum noch Wachstumsmöglichkeiten für die Produkte, begründete das Unternehmen seine Entscheidung. Bei Tiefkühlkost dominieren Handelsmarken den Wettbewerb. Kaufinteressenten sollen sich gemeldet haben. Die geplante Veräußerung, um die es schon seit langem Gerüchte gab, gehört zum straffen Sparprogramm, das sich Unilever verordnet hat.
Der Geschäftsführer der Iglo-Tochter Frozen Fish International (FFI) in Bremerhaven, Joachim Michael Bockisch, versicherte, dass bei einem Verkauf Arbeitsplätze über langfristige Verträge abgesichert werden. Er hält dann auch den Einstieg in neue Geschäftsfelder für möglich, weil der Betrieb nicht mehr an Konzernrestriktionen gebunden sei.
Von einer Veräußerung der Unilever-Sparte wären europaweit etwa 3500 Beschäftigte betroffen, in Deutschland 1800 Mitarbeiter. »Wir werden um jeden einzelnen Arbeitsplatz kämpfen«, kündigte der Vorsitzende der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), Franz-Josef Möllenberg, in Hamburg an. Sollte ein Käufer als erstes den Tarifvertrag angreifen und Standards herunterfahren, »werden wir uns das nicht gefallen lassen«.
Das Nahrungsmittelunternehmen Dr. Oetker zeigt indessen kein Interesse an einem Erwerb von Iglo. Dabei produzierten die Bielefelder in früheren Jahren selbst tiefgefrorenes Gemüse und Fertiggerichte. Das Segment wurde jedoch nach Angaben von Oetker-Pressesprecher Dr. Rolf Mühlmann schon vor vielen Jahren wegen fehlender Profitabilität eingestellt. Ebenso wurde die Produktion von Eiscreme an einen anderen Hersteller abgegeben. »Wir haben bereits den für uns interessanten Teil des Unilever-Geschäfts erworben«, sagte Mühlmann. Gemeint ist die Produktion von Pizza und tiefgekühlten Snacks, die Oetker inzwischen in sein eigenes Produktprogramm integriert hat. Mühlmann: »Das, was von Iglo übrig geblieben ist, geht an unserem Kerngeschäft vorbei.«
Bockisch zufolge soll die Marke Iglo mit ihren unterschiedlichen Sparten als Ganzes verkauft werden. Insbesondere der Sektor Tiefkühlfisch könnte für Kaufwillige ein interessantes Objekt sein. FFI habe als größte Iglo-Produktionsstätte 2005 den Absatz von Fischstäbchen um zehn Prozent auf mehr als 70000 Tonnen gesteigert. Während Unilever die Verkaufsabsichten mit mangelnden Wachstumsmöglichkeiten begründete, meint Bockisch: »Viele andere könnten damit glücklich sein.«
Der NGG-Chef warf Unilever eine verfehlte Unternehmenspolitik vor. »Ich bin es leid, dass nur noch an der Renditeschraube gedreht wird.« Im Werk Reeken sei seit 1990 die Mitarbeiterzahl von 1700 auf 600 reduziert worden.

Artikel vom 10.02.2006