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Kiefer verpatzt Auftakt

Am Ende verliert er gegen Grosjean den Faden

Von Hans Peter Tipp
Halle (WB). Das hatte sich Nicolas Kiefer anders vorgestellt. Bei der Rückkehr des deutschen Tennisteams in die Daviscup-Weltgruppe verpatzte der Lokalmatador in Halle den Auftakt.
Nicolas Kiefer: Gut gekämpft, am Ende glatt verloren. Foto: Hörttrich
Vor 10 000 Zuschauern verlor der 28 Jahre alte Holzmindener im ersten Spiel des Tages gegen Sebastien Grosjean nach zwei ausgeglichenen Sätzen völlig den Faden. 2:55 Stunden waren gespielt, da war Kiefer geknickt. 5:7, 6:7 (7:9), 0:6 hieß es für den Franzosen, und der letzte Satz hatte gerade mal 30 Minuten gedauert.
Zwei knappe Entscheidungen des schwedischen Schiedsrichters Mohamed Lahyani brachten den schon bis dahin nicht konstant und konsequent genug spielenden Deutschen am Ende des zweiten Satzes endgültig aus dem Gleichgewicht. 7:8 lag er im Tiebreak zurück und dachte wie die jubelnden Zuschauer, mit einem guten Aufschlag ausgeglichen zu haben.
Aber auf Protest der Franzosen, die einen zu leisen Aus-Ruf des Linienrichters vernommen hatten, ließ der Unparteiische dieses Spiel wiederholen. Gleich danach war es wieder ganz, ganz knapp: Dieses Mal fühlte sich Kiefer benachteiligt, protestierte und verwies auf »seinen« Linienrichter. Doch Lahyani nahm nichts zurück: Ball auf der Linie, Punkt für Frankreich, Satzgewinn zum 2:0. »Das war natürlich seltsam. Aber ich glaube nicht, dass es daran gelegen hat«, meinte Kiefer.
Doch der Widerstand des wütenden Deutschen war gebrochen. »Kiwi« stand sich im dritten Durchgang spätestens nach einem Fußfehler selbst im Weg. Mit dem zweiten Matchball machte der Franzose alles klar. Das 0:6 war die Höchststrafe. »Über zwei Sätze war es von beiden Seiten Tennis auf hohem Niveau. Ich habe meine Chancen gehabt, sie aber nicht genutzt«, meinte Kiefer und erinnerte an zwei vergebene Satzbälle im ersten Durchgang: »Deshalb bin ich enttäuscht.«
Grosjean revanchierte sich für die bei den Australian Open erlittene Viertelfinalniederlage gegen den Deutschen. Über 4:46 Stunden hatten sich beide dort duelliert. Und auch in Halle machten sie den Eindruck, als hätten sie erneut irrsinigen Spaß daran, sich den Filzball stundenlang um die Ohren zu schlagen. Dabei musste Kiefer jedoch höchstes Risiko gehen, um überhaupt im Match zu bleiben. Sein Einsatz war vergeblich. »Wenn es um die big points ging, war er der bessere Mann«, analysierte der Deutsche später fair.
Dennoch sorgten die Zuschauer für echte Länderspiel-Atmosphäre. Doch all die schwarz-rot-goldenen Fähnchen, die begeistert geschwenkt wurden, halfen nicht: Am Ende hatten die knapp 200 in französische Trikots gewandeten Mitglieder des »Club des supporters« die Stimmungshoheit. »Allez Grosjean«: Frankreich führte 1:0.

Artikel vom 11.02.2006