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Der deutschen Wirtschaft
fehlen 15 000 junge Ingenieure

Kleine Firmen und Mittelständler besonders betroffen -Ê Airbus: 1000 Stellen

Von Bernhard Hertlein
Hamburg/Bielefeld/Paderborn (WB). Airbus will seine Belegschaft in Deutschland in diesem Jahr um 1000 auf 22 000 Mitarbeiter aufstocken. Personalchef Jörg Kutzim äußerte jedoch Zweifel, ob auf dem deutschen Sektor genügend qualifizierte Bewerber zu finden seien.

Die Zweifel des Flugzeugbauers treffen sich mit der Einschätzung des Verbands der deutschen Ingenieure (VDI). »Nach unseren Erhebungen fehlten im vergangenen Jahr bundesweit 15 000 Ingenieure«, erklärte gestern Prof. Ralf Hörstmeier, Lehrer an der Fachhochschule Bielefeld und Vorsitzender des 3000 Mitglieder zählenden Teutoburger Bezirksvereins des VDI. 11 000 offene Stellen seien aus kleinen und mittleren Betrieben gemeldet worden.
83 Prozent der befragten Firmen gehen davon aus, dass sich, so Hörstmeier weiter, die Lücke zwischen Bedarf und Angebot noch vergrößern wird. 77 Prozent wollen selbst mehr Ingenieure einstellen, um dem technologischen Fortschritt folgen und wettbewerbsfähig bleiben zu können.
Neun von zehn Betrieben meinen, die Wirtschaft solle mehr für den Ingenieurberuf werben -Êeine Forderung, der die regionalen Firmen in Initiativen wie OWL-Maschinenbau und BINGO bereits nachkämen. Gleichwohl sei die Industrie an der jetzigen Situation nicht unschuldig, meinte Prof. Gerhard Zenke, Dekan der Fakultät Maschinenbau an der FH Bielefeld. In der zweiten Hälfte der neunziger Jahre habe die Industrie zu wenige Ingenieure eingestellt. Dies habe dazu geführt, dass die Studenten die Ingenieurwissenschaften mieden. In Bielefeld ging die Zahl der Neueinschreibungen in den Jahren 1995 bis 2001 von vorher 150 auf nur noch 70 pro Jahr zurück. Inzwischen seit die Zahl zwar wieder auf 150 gestiegen. Bis die letzten Studenten aus den schwachen Jahrgängen die Hochschule verließen, sei das Angebot zahlenmäßig aber noch vergleichsweise schwach.
Zenke, der vor 25 Jahren selbst als Planungsreferent bei Airbus gearbeitet hat, konnte bereits einige Studenten in den Konzern vermitteln. Dabei seien in Bielefeld vermittelte Lernfächer wie Leichtbau, Bauteiloptimierung, neue Werk- und Kunststoffe sowie Logistik/Auftragsabwicklung bei dem Konzern besonders gefragt.
Die von 1995 bis 2001 währende Delle bei der Ingenieur-Ausbildung bildete sich nicht nur in Bielefeld aus. »Wir waren teilweise nur zu 60 Prozent ausgelastet«, berichtete Michael Grafe, Geschäftsführer der Fakultät Maschinenbau an der Uni Paderborn. Er rät den Studenten, die richtigen Schwerpunkte bei der Ausbildung zu setzen. Wirtschaftsingenieure und Mechatroniker seien auch in nachfrageschwachen Jahren gut weggekommen. Im Übrigen, das betonte auch der Sprecher der Hochschule, Tibor Szolnoki, habe der Absolvent Glück, der sich nach dem Rat des früheren Paderborner Rektors und Maschinenbau-Professors Hans Albert Richard »antizyklisch« verhalten und trotz Überangebots für das Studium der Ingenieurwissenschaften entschieden habe. Seite 4: Kommentar

Artikel vom 10.02.2006