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Teilhaberin an
einem Baum

Frau soll für Entsorgung zahlen

Von Ralf Meistes (Text und Foto)
Herford (HK). An einem Samstag Ende Januar flatterte Anna Heine-Mudrich der Brief ins Haus. Er kam von der Stadtverwaltung Herford, die ihr mitteilte, der Baum vor ihrem Haus sei krank und müsse gefällt werden. Da es sich bei der Rotbuche an der Parkstraße um einen Grenzbaum handele, der zu 50 Prozent ihr gehöre, müsse sie auch die Hälfte der Kosten tragen. Bis zum darauffolgenden Freitag wurde ihr eine Frist gesetzt, dann sollte sie 650 Euro für die Entsorgung des Baums an die Stadt zahlen.

»Ich habe davon nichts gewusst. Weder, dass Vermessungen auf meinem Grundstück vorgenommen worden sind, noch, dass der Baum zum Teil mir gehören soll. Jahrelang wurde die Rotbuche von der Stadtverwaltung gepflegt und beschnitten. Wir hatten nie etwas damit zu tun«, sagt die Lehrerin, die Eigentümerin des Hauses Nummer 11 an der Parkstraße ist, seit einigen Jahren allerdings in Paderborn wohnt.
»Normalerweise fahren wir zu den Häusern und sprechen mit den Eigentümern, wenn ein Baum gefällt werden soll. Da die Besitzerin jedoch in Paderborn lebt, haben wir sie in diesem Fall nur schriftlich benachrichtigt«, sagt Uwe Höcker, bei der Stadt Herford zuständig für die Grün- und Freiflächen.
Der Baum vor dem Haus sei vom so genannten Riesenporling befallen, »einem Pilz, der so groß wie eine Schubkarre werden kann«, erklärt Höcker. Und er lässt sich nicht bekämpfen. »Der Baum ist gefährdet. Wie lange die Standsicherheit noch gewährleistet ist, können wir nicht sagen. Als Stadt dürfen wir jedoch kein Risiko eingehen«, sagt Höcker.
Das sieht Anna Heine-Mudrich ganz anders. Ihr Schwiegervater ist Forstamtsleiter. »Er und andere Experten haben mir gesagt, dass man erst sagen kann, wie krank der Baum ist, wenn er voll belaubt ist. Auf erste Sicht ist eine Risiko-Fällung nicht notwendig«, sagt sie. Die Tatsache, dass der Baum über keine große Krone verfüge, sei nicht auf eine Krankheit zurückzuführen, »sondern darauf, dass die Rotbuche in den vergangenen Jahren immer von der Stadt beschnitten wurde«.
Verärgert über die kurze Frist, die man ihr gesetzt hat und überzeugt, dass eine Risiko-Fällung zurzeit nicht notwendig ist, hat Anna Heine-Mudrich erst einmal Widerspruch gegen den Bescheid der Stadt erhoben. Sie fordert ein Baumgutachten.

Artikel vom 10.02.2006