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Auch unter Veh tut es weh

Nun schafft der VfB Stuttgart nicht einmal mehr ein Unentschieden

Von Friedrich-Wilhelm Kröger
Bielefeld (WB). Vom weit verbreiteten Mittelmaß in der Bundesliga hebt sich auch der VfB Stuttgart nicht mehr ab. Das ist nur noch eine Mannschaft unter vielen, die in Bielefeld nicht einmal mehr ihr StandardRepertoire abliefern konnte.

»Wenn wir doch wenigstens ein Unentschieden geholt hätten«, klagte Armin Veh nach der 1:2-Niederlage beim DSC Arminia. Die Worte des neuen Trainers müssen seinem Vorgänger wie Hohn in den Ohren geklungen haben. Denn nicht zuletzt wegen des unfreiwilligen Remis-Rekords hatten die Schwaben Giovanni Trapattoni am Donnerstag Abend zurück über die Alpen geschickt.
Bei den VfB-Profis genoss der gefeuerte Italiener keinen Rückhalt mehr, die Flucht nach vorn aber traten die Spieler auch in der SchücoArena nicht an. »In so kurzer Zeit kann ich nicht alles ändern«, erklärte Veh das Zögern und Zaudern. Nur der eingewechselte Flügelflitzer Jesper Grönkjaer zeigte mehr Herz. Seine Flanke bot Danijel Ljuboja die einzige VfB-Chance nach der Pause, das bevorzugte Resultat zu retten.
Statt sich aber unverdient einen Punkt zu stehlen, galt es nach dem Abpfiff, die passenden Worte für eine peinvolle Premiere zu finden. Unter »Trap« war der VfB immerhin auswärts ungeschoren davon gekommen. Mit Veh tat es nun richtig weh. Bei Dienstreise elf in dieser Bundesliga-Saison wurde Stuttgart erstmals auch im Stadion des Gegners gestoppt. Die volle Verantwortung dafür lehnte der taufrische Trainer jedoch ab: »Ich bin erst 24 Stunden hier. Meine Arbeit beginnt erst morgen.« Besonders charmant gegenüber dem entlassenen Trapattoni klang das kaum.
Vielleicht wäre Veh besser beraten gewesen, sich in Bielefeld noch nicht auf die Bank zu setzen. Dann hätte er auch keine schlappe Vorstellung rechtfertigen mmüssen, für die er so viel wohl tatsächlich nicht konnte. Andererseits: Einen ernsten Versuch, das Team vor dem Anpfiff in Ostwestfalen aus seiner Lethargie zu reißen, dürfte es doch gegeben haben. Erkennbar wurde der Wille zur Wende nicht.
Einzig der 18 Jahre alte Andreas Beck, den Veh in Absprache mit Manager Horst Heldt für den verletzten Andreas Hinkel als rechten Außenposten aufbot, machte ein freundliches Gesicht an einem unerfreulichen Stuttgarter Nachmittag. Lachend verkündete der junge Mann, dass Bielefeld und München für ihn auf einer Stufe stehen: »Für mich ist ein Traum in Erfüllung gegangen. Das war die erste Etappe. Ich wollte immer ein Bundesligaspiel machen. Ob nun gegen Arminia oder den FC Bayern - das macht für mich keinen Unterschied.«
Dabei strahlte der Debütant wie ein Honigkuchenpferd, und beigetragen hatte Beck bei seinem Einstand auch gleich etwas. Der VfB-Junior verschlief um einen Bruchteil das Herausrücken zur Abseitsfalle, mit dem 0:1 als Folge.
Doch weil das mit bloßem Auge schon nicht zu erkennen war und das Fernsehen Zeitlupen und Standbild benötigte, um die Zentimeterentscheidung zu Gunsten des Bielefelder Torschützen Isaac Boakye als richtig darzustellen, wollte sich Beck nicht böse sein: »Es hat mir trotzdem Spaß gemacht.«
Die Mitspieler kamen zu einem konträren Urteil, das angesichts des vierten Rückrunden-Auftritts ohne Sieg (0:1, 0:0, 0:0, 1:2) und des Abfalls auf den mittelmäßigen Tabellenplatz acht auch nachzuvollziehen war. »Alles läuft gegen uns«, schimpfte Ludovic Magnin, »wir müssen sehen, dass wir einen Weg daraus finden.« Seine wunderbare Direktabnahme zum 1:1 hätte ein Anfang sein können. Was kam, war: Nichts. Vielleicht ist es auch nur die Stuttgarter Version von Aufbäumen gewesen.

Artikel vom 13.02.2006