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»Lohndumping schadet allen«

Im Sozialwesen Beschäftigte kämpfen für die Einführung des TVöD

Von Matthias Meyer zur Heyde
Bielefeld (WB). Der Kampf der Beschäftigten sozialer Einrichtungen gegen Lohndumping und Arbeitsplatzvernichtung geht weiter. Gestern trafen sich mehrere hundert Demonstranten auf dem Bethelplatz zu einer Kundgebung.

Ihre Forderung: Übernahme des Tarifvertrags des öffentlichen Dienstes (TVöD) in Kirche und Diakonie sowie anderen Wohlfahrtsverbänden wie AWO und Lebenshilfe. Betriebsräte und Mitarbeitervertretungen (MAV) - 43 Interessengruppen mit gut 20 000 Arbeitnehmern - im Großraum Bielefeld kooperieren in einem Aktionsbündnis.
Diese Allianz mit den Bodelschwinghschen Anstalten und dem Johanneswerk an der Spitze will verhindern, dass durch betriebsinterne Tarifverträge ein »ruinöser Konkurrenzdruck« im Gesundheits- und Sozialwesen entsteht, der auf dem Rücken des Bürgers ausgetragen werde. »Wir nehmen nicht hin, dass die Arbeitgeber den Deckelungsdruck der Kostenträger und Vorgaben der Politik ungerührt nach unten weiterreichen«, sagte gestern Verdi-Gewerkschaftssekretär Horst Franke.
»Jahrelang haben unsere Mitarbeiter Kürzungen ihres Reallohns klaglos hingenommen«, sagte Roland Brehm, Vorsitzender der Gesamt-MAV Bethel. Jetzt sei die Schmerzgrenze erreicht. Die Arbeitgeber sähen sehr wohl, dass die Übernahme des TVöD billiger wäre als die noch gültigen Tarifverträge. »Sie sitzen aber der fixen Idee auf, dass sie mittels hausinternem Lohndumping zu Gewinnern des Wettbewerbs in der Sozialbranche werden könnten.«
Eine Milchmädchenrechnung: »Die Qualität des Angebots sinkt auf nicht mehr tolerierbare Tiefstwerte, der volkswirtschaftliche Schaden ist immens«, versicherte Georg Neumann, Vorsitzender der Gesamt-MAV des Johanneswerks.
Heidi Schmidt (DRK) fürchtete ein unerträgliches Nebeneinander zweier Lohngruppen, wenn Berufseinsteiger nach anderen als den derzeit gültigen Tarifverträgen bezahlt würden. Heike Albersmeier (AWO) kündigte an, man werde sich nicht mit den Arbeitgebern an einen Tisch setzen, solange »unhaltbare Vorschläge« wie 42-Stunden-Woche, Streichung von Weihnachts- und Urlaubsgeld und viermal verlängerbare befristete Arbeitsverträge nicht zurückgenommen wären.

Artikel vom 10.02.2006