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Heimwerken macht glücklich

Bielefelder schwelgen bei Winterwetter in Deko-Ideen und Umbauplänen

Von Michael Diekmann
und Hans-Werner Büscher (Fotos)
Bielefeld (WB). Tapete, Teppich, Toilettenausstattung oder Türverkleidung: Die Ladung jedes Einkaufswagens steht für ein heimisches Sanierungsprojekt irgendwo in der Stadt. »Bielefeld renoviert und dekoriert«, freut sich Christin Scherer (23). Winterwetter ist Tapezierwetter, weiß die stellvertretende Obi-Chefin: »Und die Baumärkte haben Hochkonjunktur.«

Das Heimwerker-Paradies an der Eckendorfer Straße öffnet um acht Uhr früh. Die Riege der Freizeit-Handwerker kommen erst später, nach einem kräftigen Frühstück. Dann ist Hochbetrieb in den Gängen. Genau 86 Mitarbeiter beraten auf 14 000 Quadratmetern mit mehr als 80 000 Artikeln. Der Februar, berichtet Christin Scherer, ist ein Übergangsmonat: Während Innenausbau noch Hochkonjunktur hat, fragen die ersten Kunden schon nach Frühlingsware, denken an Osterdekoration oder blühende Vorboten der warmen Jahreszeit. Frauen zieht es meist in die Abteilungen rechts der Kassenzone, den Bereich der schönen Wohlfühlatmosphäre mit Blumen, Dekostoffen, Farben und Tapeten. Die Herren der Schöpfung bevorzugen den Weg nach links zum schweren Gerät: Bohrhämmer, Motorsägen, Badausstattung und Dacheindeckung, Kanalbedarf und Laminat.
In der Holzabteilung erfüllt Ilja Grbev den ganzen Tag Kundenwünsche zentimetergenau, schneidet Platten und Latten für das heimische Werkvergnügen. Manchmal, schmunzeln die Holzprofis, werden Latten auch einfach nur zersägt, weil sie sonst nicht ins Auto passen. Dann kauft der »Profi« die Einmal-Säge vom Aktionstisch gleich dazu und sägt auf dem Parkplatz ambulant.
Heimwerken liegt absolut im Trend, bestätigt Christin Scherer. Immerhin bewohnt die studierte Betriebswirtin nicht nur 80 Quadratmeter, sondern ist auch versiert im Umgang mit Werkzeug und Material: »Nur zum Laminatverlegen hole ich mir Hilfe.« Die Investition in die eigenen vier Wände, wissen die Baumarkt-Profis, stehen bei vielen Bielefeldern höher im Kurs als ein Kurzurlaub. Rückenwind bekommt die Verschönerung von Heim und Herd zudem von der Vielzahl der Heimwerker-Soaps, der TV-Reportagen und beispielhaften Fernsehshows mit Anregungen und Problemlösungen. Christin Scherer: »Die Resonanz folgt gleich am nächsten Tag. Dann fragen die Kunden gezielt nach Deko-Ideen, die sie in der Abendsendung gesehen haben und die sie jetzt nach Vorbild ebenfalls umsetzen möchten.«
Wer genau hinsieht, trifft im Baumarkt nur wenige stressgeplagte Zeitgenossen, aber viele glückliche Menschen. Offensichtlich macht Heimwerken glücklich.

Artikel vom 10.02.2006