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Bewährungsstrafe nach
üblen Beschimpfungen

Gericht ahndet Beleidigungen in der Poststelle Theesen

Bielefeld (uko). Zu volksverhetzenden Äußerungen hat sich ein Bielefelder ausgerechnet gegenüber gebürtigen Israelis hinreißen lassen. Danach kam es obendrein zu Beleidigungen und Körperverletzungen. Das Amtsgericht Bielefeld verurteilte gestern den 44-jährigen Manfred A. (alle Namen geändert) zu fünf Monaten Bewährungsstrafe.

Der menschenverachtende Streit spielte sich an einem heißen Sommertag im Juni 2005 in der Theesener Poststelle im dortigen Jibi-Markt ab. Um ein Einschreiben abzuholen, kam A. an den Schalter, an dem gerade das Ehepaar Sami und Golda F. bedient wurde. Manfred A. wurde zwar von der Angestellten Herta K. zum Schalter gebeten, doch machte der Mann ein unbedachte und abwertende Äußerung: »Ich will mich den ausländischen Mitbürgern nicht vordrängeln.« Gefragt, woran er erkenne, Ausländer vor sich zu haben, antwortete A. mit einem Spruch über die Nase des Mannes.
Sami F. wiederum konterte mit dem ebenfalls ausländerfeindlichen Spruch, der Deutsche habe wohl eine »türkische Nase«. Schließlich ließ sich Manfred A. dazu hinreißen, man habe das Paar »wohl beim Vergasen vergessen«. Danach eskalierte die Situation in der Poststelle völlig. Die extrem erregte Golda F. schaltete sich mit der Entgegnung »Nazischwein« in den Streit ein und ließ übelste sexuelle Entwürdigungen folgen. Obendrein kam es zu einem Gerangel, in dessen Verlauf Manfred A. dem Mann eine Faust in den Magen rammte. Im Gegenzug wurde A. von der Frau geschubst, so daß er unsanft mit dem Hinterkopf auf dem Boden landete.
Dem »High Noon« in der Theesener Poststelle folgte nun der Prozeß vor dem Amtsgericht Bielefeld. Manfred A. spielte gestern seinen Tatbeitrag als »Ausrutscher« herunter. Rechtsradikales Gedankengut sei ihm fremd. Auch seine Familie habe unter den Nazis gelitten. Sami und Golda F. zeigten sich noch sichtlich betroffen und erregt von dem Vorfall. Die Frau erklärte, sie erwäge, Deutschland zu verlassen.
Oberamtsanwalt Guido Hartmann und Amtsrichterin Kerstin Heitker stützten sich bei der Bewertung vornehmlich auf die »neutrale Aussage« der Postangestellten. Hartmann geißelte die »Verbalinjurien auf niedrigstem Niveau«, und Volksverhetzung sei nicht nur dem »Agitator im Bierzelt« vorbehalten. Nach Hartmanns Antrag verurteilte die Amtsrichterin den Mann danach zu fünf Monaten Bewährungsstrafe. Er habe die aufgeschaukelte Situation verursacht. Als Bewährungsauflage soll A. 1000 Euro Geldbuße an eine gemeinnützige Organisation zahlen.

Artikel vom 10.02.2006