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Ein 37-jähriges Provisorium endet

Neues Hafthaus der Justizvollzugsanstalt in Ummeln ist fast bezugsfertig

Ummeln (oh). Endspurt in der Justizvollzugsanstalt Bielefeld-Brackwede II: Am ersten März-Wochenende ziehen die Gefangenen des Offenen Vollzugs aus den maroden Unterkünften in das neue, viergeschossige Hafthaus mit 322 Plätzen. Ein 37 Jahre dauerndes »Provisorium Unterkunftsgebäude« findet damit sein Ende.

»Dennoch wird es bei uns auch weiterhin keine freien Betten geben«, sagte Anstaltsleiter Uwe Nelle-Cornelsen gestern bei der Jahrespressekonferenz in der Ummelner JVA. Zwar sei die Belegung nicht mehr so hoch wie vor drei bis vier Jahre. Aber mit durchschnittlich 319,6 Gefangenen stagniere sie auf hohem Niveau.
Hierbei sind allerdings die zum Wochenende beurlaubten Gefangenen mit eingerechnet. »Deren Betten sind aber tatsächlich nicht frei«, so Nelle-Cornelsen. Berücksichtige man das, so komme man auf einen Belegungsdurchschnitt von 347,1 Gefangenen - bei einer Belegungsfähigkeit der Anstalt von 330. Insgesamt 1356 Inhaftierte wurden neu aufgenommen.
Mit 14,5 Prozent sehr hoch war 2005 der Anteil derer, die Ersatzfreiheitsstrafen verbüßten. Dagegen ist, erstmals seit Jahren, die Zahl der Aussiedler unter den Gefangenen mit 16,22 Prozent rückläufig. Ausländer machen einen Prozentsatz von 18,51 aus.
Zunehmend strenger geprüft als in der Vergangenheit wurden im Offenen Vollzug Anträge auf Lockerungen - aufgrund öffentlicher Reaktionen. Im Zweifel wurde dann dagegen entschieden und 2005 nur in 6009 Fällen Urlaub gewährt. Erfreulich ist die erneut zurück gegangene Zahl derjenigen, die der JVA unrechtmäßig und vorzeitig den Rücken kehrten. »Mit 29 Entweichungen ist dies die niedrigste Zahl seit Jahrzehnten«, berichtet der Anstaltsleiter.
Ebenfalls zurückgegangen sei die Zahl derjenigen, die während eines genehmigten Urlaubs oder nach Entweichungen neue Straftaten begangen hätten. War das im Jahr 2 000 21 Mal der Fall, so traf dieses 2005 nur noch elfmal zu.
Sorgen macht weiterhin der hohe Anteil suchtabhängiger Gefangener. Fast die Hälfte aller Neuzugänge im vergangenen Jahr - nämlich 582 Häftlinge - wurden als erheblich suchtgefährdet erkannt. 16 von ihnen wurden unter Mithilfe der Anstalt in Therapiemaßnahmen vermittelt, allerdings nur zwei in stationäre Therapien. Der Grund: Der Kostendruck der Träger führt zu einer stärkeren Selektion der Bewerber.
Ein weiteres Problem: Die Arbeit und Beschäftigten der Gefangenen. »Sie ist wesentlich für eine gelungene Resozialisierung«, betont neben Nelle-Cornelsen auch die Vorsitzende des Gefangenenbeirates, Angelika Wilmsmeier. Die Beschäftigungsquote liegt bei 75 Prozent. Leider hätten zurzeit nur noch 33 Inhaftierte eine freies Arbeitsverhältnis draußen und 47 ein zugewiesenes. »Der Rest wird in der Anstalt beschäftigt.«
»Dieses wollen wir eigentlich nicht. Wir streben Arbeit für die Gefangenen außerhalb des Haftbereiches an«, betont auch Angelika Wilmsmeier. »Weil aber Arbeit gebraucht wird, machen wir uns stark für eine Arbeitshalle.« Denn die anstaltseigene Werkstatt des Holzbereichs platze aus allen Nähten. Ebenso müsse der Container des Metallbereichs »vom Hof«.

Artikel vom 09.02.2006