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Das triste Leben in der Provinz

»Die Boxerin«: Eine Außenseiterin kämpft für ihren Traum


Sich durchzuboxen, gehört im brandenburgischen Eberswalde zum Alltag. Für die 19-jährige Johanna (Katharina Wackernagel) wird das im wahrsten Sinne des Wortes zum Lebensprinzip. In der »Boxerin«, dem Spielfilmdebüt der Regisseurin Catharina Deus, kämpft die junge Außenseiterin um die Verwirklichung ihres Traums: Wie ihr Vater, der Boxer war, will auch »Joe« in den Ring. Das bedeutet einen Kampf mit der labilen und alkoholabhängigen Mutter (Manon Straché) und viel Überzeugungsarbeit beim Trainer. Außerdem kommt es zu handgreiflichen Konflikten mit den Jungmachos der Boxschule.
Einem Teenager wie Johanna bietet die ausgelaugte Provinz weder Ausgleich noch Aussichten. Ihre Abneigung dieser engen, grauen Welt beruht auf Gegenseitigkeit: Johanna hat keine Freunde, und die zickigen Dorf-Lolitas schließen sie aus. In keinem Job hält sie es länger als drei Monate aus. Wenn die junge Frau auf den alten Sandsack ihres gestorbenen Vaters eindrischt, befreit sie sich nicht nur von den Alltagsproblemen - Johanna eröffnen sich dabei ganz andere Perspektiven.
Die 19-Jährige rebelliert gegen die Engstirnigkeit einer vom wirtschaftlichen Verfall gezeichneten Region, ist selbst aber noch fragil. Stabilisierend wirkt die »Hauptstadt-Souveränität« einer Freundin, die schon vor Jahren nach Berlin ausgewandert ist.
Hauptdarstellerin Katharina Wackernagel wirkt in der Darstellung einer von Krisen begleiteten Entwicklung eines mürrischen und reizlosen Teenagers in eine junge Frau mit wachsender Selbstsicherheit ebenso überzeugend wie in den Boxszenen. So trägt sie den Film auch über seine Schwächen zum optimistischen Ende.
»Die Boxerin« hat sich, atmosphärisch gelungen, auf eine Region mit den speziellen Milieus und seinen Charakteren eingelassen, auch wenn es gelegentlich bei den Dialogen hakt. Doch das lässt sich verschmerzen - auch beim Boxen kann nicht jede Runde ein Triumph sein.

Artikel vom 09.02.2006