08.02.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Kammermusik von
selten gehörter Qualität

Suyoen Kim und Alina Kabanova beim Konzertpodium

Von Uta Jostwerner
Bielefeld (WB). Sie sind jung, außerordentlich talentiert, in ihrer künstlerischen Reife weit fortgeschritten und somit die geeigneten Kandidatinnen für das »Junge Konzertpodium« der Theater- und Konzertfreunde. Was Suyoen Kim (Violine) und Alina Kabanova (Klavier) bei ihrem Auftritt am Montagabend in der Kunsthalle zu Gehör brachten, übertraf dennoch alle hochgesteckten Erwartungen und versetzte ein Kennerpublikum in höchstes Entzücken.

Freilich, die künstlerische Vita der 1987 in Münster geborenen Suyoen Kim klingt verheißungsvoll: Als jüngste Jungstudentin Deutschlands an der Musikhochschule Detmold säumen Wettbewerbsgewinne, Rezitals in allen Herren Ländern sowie die Namen renommierter Orchester ihren Weg. 2005 stürmte die junge Koreanerin erstmals die Gipfel des klassischen Konzertbetriebes, indem sie unter Kurt Masur das Violinkonzert von Brahms spielte und von Seji Ozawa eine Einladung zur Mitwirkung an der Schweizer National Music Academy erhielt. Doch Worte können weder die technische Perfektion, noch das natürliche, unaufgesetzte musikalische Einfühlungsvermögen der 18-Jährigen beschreiben, geschweige denn die betörende Wirkung ihres subtil geformten, facettenreichen Tones.
Als kongeniale Duopartnerin agierte die 1982 in der Ukraine geborene, hochbegabte Alina Kabanova. Auch sie kann bereits auf eine beachtliche künstlerische Laufbahn verweisen und auf eine einnehmend einfühlsame pianistische Beredsamkeit dazu. In künstlersicher Einvernehmlichkeit steht das Duo somit für kammermusikalischen Genuss von selten gehörter Qualität.
Ihren Ravel (Sonate in G-Dur) stellen sie zu recht in weitgehend musikalischer Unabhängigkeit von konträren lyrischen und tänzerischen Passagen pointiert heraus, gleichwohl demonstrieren sie in Bezug auf kontrollierte Impulsivität einen gemeinsamen Atem. In agogischer und klanglicher Raffinesse changiert der Mittelsatz zwischen latentem Zigeunerschmäh und Jazz-Elementen, und mit ausgelassener Spielfreude rauscht das »Perpetuum mobile« in dialogisch klar herausgestellter Stimmführung daher.
Im Mozart-Gedenkjahr erweisen Kim und Kabanova dem Komponisten mit rasant-virtuosem Gestus die Ehre. Doch auch der lyrisch-elegische Ton der B-Dur Sonate kommt in beredter Spielweise zur Geltung. Im weitschweifigem Andante erreicht das Duo eine erschütternde, emotionale Tiefe, im Allegretto wiederum liefern sich funkelnde Heiterkeit und nervöse Ungeduld ein herrliches Wettspiel. Fehlt nur noch die zyklisch-expressive Musizierkunst, mit der sie César Francks A-Dur-Sonate servieren und beweisen, dass sie kleinste motivische Elemente ausdrucksvoll herausarbeiten können, ohne die satzübergreifenden Bezüge zu vernachlässigen. Genial!

Artikel vom 08.02.2006