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Iran spitzt Atomstreit weiter zu

Freiwillige Zusammenarbeit mit Energiebehörde eingestellt - Blair droht

Teheran/London (dpa/Reuters). Iran hat aus Protest gegen die Einschaltung des UN-Sicherheitsrats in den Atomstreit die freiwillige Zusammenarbeit mit der Internationalen Atomenergie-Organisation IAEO eingestellt.
Das geht aus einem Schreiben vom 5. Februar hervor, wie diplomatische Kreise im Umfeld der IAEO gestern in Wien bestätigten. Dadurch werden unangemeldete Kontrollen durch die IAEO unmöglich. Zugleich rief der oberste Führer Irans, Ajatollah Ali Chamenei, sein Volk in dem Streit zum Widerstand auf. »Im Vertrauen auf Gottes Segen werden wir in dieser schwierigen Phase widerstehen und erfolgreich daraus hervorgehen«, sagte Chamenei.
UN-Generalsekretär Kofi Annan ermahnte Iran, die Verhandlungen wieder in Gang zu bringen. Es bleibe noch etwa ein Monat Zeit, ehe sich der Sicherheitsrat mit Iran befassen werde, sagte er in Dubai. Das Weltgremium könnte Sanktionen verhängen. Bislang hat die IAEO lediglich beschlossen, den Rat zu unterrichten. Das Gremium soll erst aktiv werden, wenn Teheran die Forderungen der IAEO bis zum 6. März nicht erfüllt. Dazu gehört die Rückkehr zur Aussetzung aller Urananreicherungsaktivitäten. Iran hat dies abgelehnt.
Der britische Premierminister Tony Blair verschärfte unterdessen den Ton. Bei einer Anhörung im Parlament schloss Blair gestern in London auch einen militärischen Einsatz nicht aus. »Man kann in solchen Situationen nie nie sagen.«
Großbritannien habe aber weiterhin die Absicht, den Streit mit diplomatischen Mitteln zu lösen. Die Entscheidung, den UN-Sicherheitsrat einzuschalten, sei nur »ein erster Schritt«. Iran begehe »einen sehr schweren Fehler«, wenn es glaube, dass sich die Weltgemeinschaft mit einer Wiederaufnahme des Atomprogramms abfinden werde. Dem Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad warf er eine extrem aufwieglerische Rhetorik vor.
Russland zeigte sich enttäuscht über Irans Abkehr von der IAEO. »Ein Teil der iranischen Führung schürt absichtlich die Spannungen«, zitierte die Nachrichtenagentur Interfax einen namentlich nicht genannten russischen Teilnehmer an den Verhandlungen mit Iran. Der Konflikt um das iranische Atomprogramm drohe sich weiter zuzuspitzen. Die Führung in Moskau erneuerte das Angebot an Teheran, bei den Verhandlungen über eine gemeinsame Urananreicherung am 16. Februar in Moskau eine für Iran annehmbare Lösung des Konflikts zu finden. Auch China hofft weiterhin auf einen diplomatischen Weg aus der Krise. Das sagte Chinas Außenminister Li Zhaoxing nach einem Gespräch mit dem französischen Präsidenten Jacques Chirac.
Das iranische Parlament hatte im November 2005 ein Gesetz verabschiedet, dass die Aussetzung der freiwilligen Zusammenarbeit mit der IAEO gemäß dem Zusatzprotokoll zum Atomwaffensperrvertrag im Fall einer Einschaltung des Sicherheitsrats vorsieht. Im Protokoll hatte sich Iran verpflichtet, unangekündigte Inspektionen seiner Atomanlagen zu gestatten. Der Atomwaffensperrvertrag sieht nur Kontrollen mit vorheriger Benachrichtigung vor.
Unterdessen hat die IAEO den Sicherheitsrat über die Verstöße Irans gegen den Atomwaffensperrvertrag informiert. Der IAEO-Gouverneursrat hatte am Samstag beschlossen, die »Akte Iran« an das Gremium zu übergeben.

Artikel vom 08.02.2006