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Mahmud Ahmadineschad

»Khomeini hat das Ende Israels prophezeit, genau wie das des Ostblocks und Saddams.«

Leitartikel
Hoffen auf Entspannung

Solidarität mit Dänemark


Von Reinhard Brockmann
Die Dänen können uns nur noch leidtun. Dass sie allerorten ihre Flagge einziehen und so wenig Angriffsfläche wie möglich bieten, ist nur zu vernünftig. Das kleine Land dürfte im arabischen Raum kaum bekannter sein als im amerikanischen Mittelwesten, nämlich gar nicht. Das ist gut für die Dänen.
Natürlich müssen sie sich nicht für die Pressefreiheit in ihrem Land entschuldigen. Dass sie trotzdem angesichts von fanatisierten Dummköpfen lieber einen Diener zu viel machen, ist verständlich.
Und wir? Was tun die großen europäischen Länder? Nicht viel.
Und das ist zu wenig. Dänemark braucht unsere Solidarität, weil Dänemark uns in jeder Beziehung näher, den meisten Deutschen auch lieber ist.
Deutschland wird in seinen Entscheidungen eingeengt durch die Geiselnahme im Irak. Auch wirtschaftliche Interessen und der noch brisantere Atom-Streit mit Iran binden den Diplomaten die Hände. Als weltoffenes Land mit vielen von jeglichem Terror verwundbaren Schwachstellen muss Deutschland zudem auf eine schnelle Beruhigung der Lage setzen. Man kann nur hoffen, dass die Wellen der durchaus berechtigten Empörung über eine Beleidigung Mohammeds und das Aufbrausen eines allerdings nicht hinnehmbaren Hasses auf alles Westliche bald auslaufen.
Vielleicht markiert der Aufruf einer Teheraner Tageszeitung zu einem bizarren Karikaturenwettbewerb auch die Spitze einer nicht weiter steigerungsfähigen Kampagne. Gerade zu grotesk mutet die Ankündigung an, der Holocaust solle karikiert werden.
Diesen Aufruf zur zeichnerischen Revanche startete gestern »Hamschahri«. Die Zeitung ist im Besitz der Stadt Teheran und wurde von Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad in dessen Zeit als Bürgermeister geleitet. Der Iraner, der mehrfach die Vernichtung der Juden durch Nazi-Deutschland in Abrede gestellt hat, hielt vorgestern den Europäern noch entgegen: »Wenn eure Zeitungen frei sind, warum veröffentlichen sie dann nichts über die Unschuld der Palästinenser?«
Niemandem nützt die Protestwelle derzeit mehr als dem iranischen Präsidenten. Am 8. Dezember hatte er sich noch für die Schaffung eines jüdischen Staates auf deutschem oder österreichischem Boden ausgesprochen und abermals das Ausmaß der Judenverfolgung geleugnet.
Es lohnt, genau aufzuschlüsseln, wer sonst noch vom Aufruhr profitiert. Von radikalen Imamen, denen die Ausweisung aus Dänemark drohte, über die Geheimdienste fast aller arabischen Länder bis zum Terrornetzwerk El Kaida dürfte derzeit eine gewisse klammheimliche Freude reichen. Vor allem aber profitieren arabische Regierungen, die allerwenigsten demokratisch legitimiert, von dem gegenwärtigen Konflikt.
Am allerschlimmsten: Der für eine Entspannung so wichtige Einfluss dialogbereiter Kreise im Islam wird weiter geschwächt.

Artikel vom 08.02.2006