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Führte Frau ein
Doppelleben?

Polizei findet weitere Leichenteile

Von Christian Althoff
Horn-Bad Meinberg (WB). Im Haus 5 der Justizvollzugsanstalt Bielefeld-Brackwede sitzt Marina P. (41) und schweigt. »So lange sie nichts sagt, wird es schwer sein, das Motiv zu ermitteln«, sagt Oberstaatsanwalt Diethard Höbrink. Er geht davon aus, dass die Frau ihren Ehemann Herbert B. (47) getötet und zerstückelt hat.

Wie berichtet, hatten Anwohner in Horn-Bad Meinberg-Leopoldstal (Kreis Lippe) am Freitag drei Tüten mit menschlichen Überresten im Wald gefunden, die von Diplom-Kaufmann Herbert B. stammen sollen. Im Haus des 47-Jährigen wurden weitere Leichenteile sowie Blutspuren entdeckt, die jemand gründlich wegzuwischen versucht hatte. Polizisten und Spürhunde hatten am Montag an drei weiteren Stellen des Waldes Plastiktüten mit menschlichen Überresten gefunden, gestern Mittag stießen Beamte dann in einem anderen Wäldchen erneut auf eine solche Tüte - der sechste Fundort. »Es sieht so aus, als habe der Täter die Leichenteile rings um den Ortskern im Wald abgelegt«, sagte Polizeisprecher Uwe Bauer. Die Suche soll heute fortgesetzt werden, da noch immer sterbliche Überreste fehlen, wie etwa der Kopf.
Für die 15-köpfige Mordkommission »Wald« ist derzeit nur die aus Lettland stammende Ehefrau tatverdächtig: »Wir haben keine Hinweise auf andere Beteiligte«, sagte Höbrink. Auch über eine mögliche außereheliche Beziehung der Ehefrau oder des Opfers sei nichts bekannt, erklärte der Oberstaatsanwalt.
Die stämmige, etwa 1,60 Meter große Frau und der Kaufmann hatten am 1. März 2005 geheiratet, nachdem sie sich über ein Ehevermittlungsinstitut kennengelernt hatten. »Herbert liebte die Frau von ganzem Herzen«, meinte eine Frau aus der Nachbarschaft. Das Ehepaar lebte in dem kleinen Einfamilienhaus, in dem Herbert B. aufgewachsen war. Im Dezember hatte er seiner Frau im 20 Kilometer entfernten Paderborn das kleine Geschäft »Rigas. M« eingerichtet, in dem Marina P. Ikonen, Glasvasen und Damenmode anbot. Ein Anwohner des Geschäftslokals: »Ich habe manches Mal beobachtet, dass die Frau morgens von ihrem Mann gebracht wurde. Sie wartete dann, bis er gefahren war, schloss ihren Laden wieder ab und verschwand.« Führte Marina P. tagsüber ein Doppelleben und war ihr Mann ihr auf die Spur gekommen? Das kleine Geschäft soll jedenfalls so gut wie nie geöffnet gewesen sein. »Ich habe dort auch nie einen Kunden gesehen«, sagte der Anwohner.
Herbert B., der keine Verwandte mehr haben soll, wurde gestern von Nachbarn und Arbeitskollegen als »grundsolide« beschrieben. Er hatte seit mehr als 20 Jahren für das Paderborner Unternehmen »inbit« gearbeitet und Erwachsene im Umgang mit Computern geschult. Als er am Montag vergangener Woche nicht zur Arbeit erschienen war und sich bis Mittwoch nicht gemeldet hatte, hatte ein Verantwortlicher der Firma Vermisstenanzeige erstattet - im Gegensatz zu Marina P., die das Verschwinden ihres Mannes nicht angezeigt hatte.

Artikel vom 08.02.2006