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Buchenwälder, Orchideen und stille Bachtäler

Nationalpark nicht ausgeschlossen

Von Reinhard Brockmann
Bielefeld (WB). Den Begriff »Nationalpark« kennt jeder, das »Biosphärenreservat« ist dagegen weitgehend unbekannt. Dabei gibt es weltweit 400 dieser großräumigen Schutzgebiete - von »Yellowstone« in den USA bis zu den »Drakensbergen« in Südafrika.

Grundlage der aktuellen Diskussion sind zwei Gutachten der Landesanstalt für Ökologie, Bodenordnung und Forsten (LÖBF): Die »Vorprüfung zur Eignung des Eggegebirges und angrenzender Bereich des Weserberglandes als Biosphärenreservat« und das »Gutachten zur Eignung des Eggegebirges als Nationalpark«. Beide wurden im August von Landwirtschaftsminister Eckhard Uhlenberg (CDU) in Auftrag gegeben.
Offen ist, ob es eine Kombination mit einem kleinem Nationalpark gibt, »nur« ein Biosphärenreservat oder ob es beim gegenwärtigen Zustand mit insgesamt 88 Naturschutzgebieten bleibt.
Der »Förderverein Nationalpark Senne/Eggegebirge« formuliert das Maximalziel: »Das Biosphärenreservat ist 88 000 Hektar groß. Sein Kerngebiet könnte ein Nationalpark Eggegebirge sein, das mit 11 400 Hektar ausschließlich im Besitz der öffentlichen Hand liegt.« Landwirtschaft, private Forstbetriebe und eine Reihe von CDU-Landtagsabgeordneten haben sich bereits gegen jedes Bio-Reservats und/oder Nationalpark ausgesprochen. Minister Uhlenberg hält die Frage offen. Er wünscht sich bis zum Sommer ein einheitliches Votum der Region.
Ein Biosphärenreservat wird eingeteilt in eine total gesperrte Kernzone (drei Prozent), eine für Wanderer erlaubte Schutzzone (20 Prozent) und mindestens 50 Prozent Pflegezone, in der es für die Landwirtschaft keinerlei Auflagen gibt und beispielsweise Windparks erlaubt sind.
Ein Nationalpark zeichnet sich durch deutlich höhere Schutzauflagen aus. Die Hälfte der Fläche gilt als Prozesszone, in die alle Eingriffe verboten sind.
Das Biosphärenreservat würde mehrere Naturräume umfassen. Nördlich an die Warburger Börde schließt sich die Egge an. Der Kamm, ein schmaler um die 400 Meter hoher Bergrücken, ist aus Sandstein aufgebaut und fällt im Osten steil ab. Niederschläge von 1300 Millimetern im Jahr haben zu Moorbildungen geführt. Zu den wertbestimmenden Merkmalen gehören ein ganze Reihe von naturnahen stillen Quellbächen sowie Sandsteinfelsen mit überregional bedeutsamer Moosflora. Herausragend sind der lippische Velmerstot, das Silberbachtal und die Externsteine.
Das westliche Eggevorland wird geprägt von tief geschnittenen Kreidehochflächen. Auf den Braunerden wachsen Waldmeister-Buchenwälder, so am Rosenberg bei Bad Lippspringe und dem Ochsenberg nahe Altenbeken. Höhlen, Dolinen und kleinere Kalkfelsen gehören zu den landschaftlichen Besonderheiten.
Im östlichen Eggevorland sind Waldmeister-Buchenwälder, Orchideen-Buchenwald, sowie Kalkmagerrasen etwa bei Willebadessen und Kalksinterquellen typisch. Aus den bedeutsamen Heil- und Mineralquellen schöpfen die Bäder Driburg und Meinberg.
Am Übergang zum südlichen Teutoburger Wald und ins Lipper Bergland befindet sich das einzige lebende Hochmoor in NRW, das »Hiddeser Bent«. Zu den besonderen Lebensraumtypen zählen: Dünen, 24 Hektar Flüsse mit ebenen und montanen Stufen, 55 Hektar Kalk-Trockenrasen, 20 Hektar renaturierungsfähige Hochmoore, sowie 2857 Hektar Hainsimsen-Buchen und 6715 Hektar Waldmeister-Buchenwald.
Zu den Besonderheiten zählen das Galmeiveilchen, Hirschkäfer (Schwalenberg) und Juchtenkäfer (Externsteine), Schwarzstorch, Uhu, Kolkrabe, Tannenhäher, Rotmilan (30 Brutpaare), Mittelspecht und Haselhuhn. Bedeutung haben die in NRW vom Aussterben bedrohte Wildkatze, Rotwildvorkommen, 13 Fledermausarten, dabei das Große Mausohr.
Zu den erklärten Zielen gehört auch die Entwicklung und Erprobung verträglicher Nutzung von Biomasse. Der Anbau von Energiepflanzen trage zum Klimaschutz und der Einkommenssituation landwirtschaftlicher Betriebe bei, heißt es in dem Gutachten. Vorgeschlagen wird auch die Entwicklung eines Triftsystems für eine ökonomisch tragfähige Schafhaltung.
Eine Ausweitung des Biosphärenreservats ist für die Autoren des Gutachtens in zwei Richtungen vorstellbar: Diemeltal mit Marsberger Hochfläche und Kalkkuppen bei Brilon ( 25 000 Hektar) sowie am Ostabhang des Oberwälder Landes entlang des Wesertals mit 15 Hektar Flächen.
Kostenfragen werden in dem Gutachten nicht angesprochen.

Artikel vom 10.02.2006