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Die Absicht, die Paul-Gerhardt-Kirche (Foto) zu verkaufen, führt weiterhin zu Diskussionen, die die Gemeindegrenzen überschreiten.

»Ein Aufschrei wie ein Mann«


Zu der Berichterstattung über den Beginn der Verkaufsverhandlungen der Paul-Gerhardt-Kirche gingen folgende Leserbriefe ein:

Haben Sie Dank für Ihre ausführliche Berichterstattung. Ich habe sorgfältig gelesen, was der »Bevollmächtigtenausschuss« gesagt hat. Dabei ist mir folgendes aufgefallen:
1. Man sagt u.a.: »Konsens war bei der Fusion, nur bei akuter Notlage zu verkaufen, dieser Fall ist eingetreten.«
Ich frage mich: »Wie ist das möglich?«. Nur wenige Monate danach soll eine andere Lage entstanden sein? Das leuchtet mir nicht ein. Wie ich immer wieder gehört habe, ist der Finanzhaushalt des Paul-Gerhardt-Bezirks auf Jahre hinaus in Ordnung. Ja, man ist sogar bereit, einen Förderverein zu gründen. Und schon jetzt, wo die Befragung erst anläuft, liegt eine Zusage von 25 000 Euro pro Jahr vor. Aber es wurde alles abgelehnt. Was offenbar dahinter steht, geht mir erst langsam auf. Dr. Volker Janssen (Mitglied des Bevollmächtigtenausschusses) meint, ein möglicher Verkauf des Zentrums sei nicht vom Himmel gefallen, sondern immer schon Problemlösungsstrategie gewesen.
2. Wieso kann ein Bevollmächtigtenausschuss so weitgehende Beschlüsse fassen, wenn aus zweien eine neue Kirchengemeinde entsteht, ohne dass zuvor die Glieder des Presbyteriums neu gewählt worden sind?
3. In dem Bericht lese ich so anteilnehmende Worte, wie: »Zu diesem Schritt habe man sich schweren Herzens entschlossen.« Wie, wahrhaftig, ist eine solche Bemerkung, wenn man zuvor nicht im geringsten bereit war, auf die Glieder des Paul-Gerhardt-Bezirks und ihre wohl durchdachten Argumente zu hören? Ehrlicher scheint mir deswegen ein Satz von Herrn Haase (Mitglied des Kreissynodalvorstandes) im WESTFALEN-BLATT Nr. 24 zu sein, der »Klartext« spricht: »Um Gefühle zu einem Bauwerk zu finanzieren, fehlt uns das Geld.«
Das sind also nur »Gefühle«, wenn eine ganze Gemeinde wie ein Mann aufschreit, sich auf vielfältige Weise mit Worten und Taten einsetzt, um ihre Kirche zu erhalten?
In meiner Bibel lese ich etwas ganz anderes. Psalm 26,8: »Herr, ich habe lieb die Stätte deines Hauses und den Ort, da deine Ehre wohnt.«
Ein Glaube, der sich nur auf den Verstand und nicht auf den ganzen Menschen bezieht, ist »verkopft«, ist überhaupt kein echter Glaube. Ich finde die obige Bemerkung einfach lieblos.
4. Ich habe den Eindruck nach dem Studium der verschiedenen Äußerungen seitens des so genannten Bevollmächtigtenausschusses, wie auch einiger Vertreter des Kirchenkreises: »Man rechnet trotz aller gegenteiligen Beteuerungen mehr mit den zurückgehenden Finanzen und der Abnahme der Gemeindemitglieder als mit dem Wirken des Heiligen Geistes.«
Kardinal Lehmann hat schon vor einem Jahr öffentlich bemerkt - und dem ist auch von uns aus zuzustimmen: »Nicht Geldmangel ist das Problem der Kirche; ihre geistliche Armut ist das Problem.« Im Blick auf den gegenwärtigen Notstand möchte ich darum allen, die jetzt das Sagen haben, zurufen, was der Apostel Paulus 1. Thessalonicher 5, 19 schreibt: »Den Geist dämpft nicht!«
Wäre nicht allen Beteiligten besser geholfen und eine gute Vorraussetzung für die Wiederherstellung des zerstörten Gemeindefriedens gegeben, wenn die maßgeblichen Leute der Neustädter Mariengemeinde und im Kreissynodalvorstand sich dazu überwinden würden, die Entscheidung, wie es rechtens für eine mündige Gemeinde ist, ganz in die Hände des Paul-Gerhardt-Bezirks zu legen? Dieser Gemeindeteil wird zu seiner Zeit, wenn es erforderlich sein sollte, selbst bestimmen, was Sache ist. Die ängstliche Sorge: »Jetzt haben wir einen Interessenten, wer weiß, ob später noch?«, rechnet ausschließlich mit einer rein menschlichen Kalkulation, aber nicht mit dem Wirken des auferstandenen Herrn.

Hans-Joachim DRÖGEPfarrer i.R.Kalletal

Artikel vom 08.02.2006