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Ehefrau wurde mit dem Tod bestraft

Tamile fühlte sich in seiner Ehre verletzt - Sohn überlebte den Anschlag

Von Uwe Koch
Bielefeld (WB). Wegen Mordes und wegen eines Mordversuchs muss sich der Tamile Rasarathinam S. vor dem Landgericht verantworten. Staatsanwalt Christoph Mackel hat den Mann, der im Oktober 2005 seine Frau in Bielefeld umbrachte, jetzt unter Anklage gestellt.

Der Fall wirft ein fahles Schlaglicht auf die moralischen Wertvorstellungen des Mannes von Sri Lanka: Am Morgen des 18. Oktober 2005 würgte der 46-jährige S. die zwei Jahre ältere Mohanambikai S. nach einem erneuten Streit, bis die Frau tot war. Die Leiche legte S. aufs Bett der Wohnung an der Waldenburger Straße 9, dann wartete er auf die Ankunft seines Sohnes, der um 12.30 Uhr von der Schule kam. Unter einem fadenscheinigen Grund nahm der Vater dem Jungen die Brille ab, dann würgte er auch den Zwölfjährigen. Geistesgegenwärtig stellte sich der Junge leblos, das rettete ihm das Leben. Der Vater legte auch den Sohn aufs Bett, dann fuhr er mit seinem Motorroller zur Polizeiwache am Kesselbrink.
»Ich habe meine Familie umgebracht«, eröffnete S. den erstaunten Beamten. Polizisten fanden in Wohnung die Getötete und den völlig verängstigten Jungen. - Die Geschichte, die der Täter präsentierte, hatte seinen Ursprung auf Sri Lanka: 1986 hatte S. seine Frau geheiratet, nacheinander wurden drei Söhne bis 1993 geboren. Im selben Jahr verließ S. die Familie, reiste nach Deutschland ein und stellte unter vier verschiedenen Namen Asylanträge.
Erst 2004 hatte die Ehefrau wieder einen Kontakt zu ihrem Mann, als sie in Deutschland eine Schwester besuchte. Rasarathinam S. soll damals bereit gewesen sein, Frau und Söhne bei sich aufzunehmen. Seine Bedingung allerdings war, dass sie den Kontakt zur Familie seiner Ehefrau absolut unterlassen sollten. Nachdem die Familie zu ihm an die Waldenburger Straße gezogen war, durften die Söhne angeblich auch nicht außerhalb des Hauses spielen.
Entgegen seiner Forderung gab es dennoch Kontakte zu den verhassten Verwandten. Nach der Anklage von Christoph Mackel soll der in seiner Ehre verletzte S. demnach erkannt haben, »dass ihm seine Familie nicht folgte«. Seine Ehefrau soll er deshalb ermordet haben, um die Verwandten für die ihm entgegengebrachte Missachtung zu strafen. Seinen Sohn hingegen habe er zu töten versucht, um den älteren Brüdern zu zeigen, dass man sich nicht ungestraft seinem Vater widersetze und das Kontaktverbot unterlaufe. Christoph Mackel begründete den Vorwurf des Mordes und des Mordversuchs mit Heimtücke und niederen Beweggründen.

Artikel vom 07.02.2006