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Bielefeld ist fit für den
neuen Gaswettbewerb

Stadtwerke-Sonderstatus ist bundesweit einzigartig

Von Michael Diekmann
und Hans-Werner Büscher (Foto)
Bielefeld (WB). »Wir wünschen uns ausdrücklich diese Öffnung des Marktes«, unterstreicht Stadtwerke-Geschäftsführer Friedhelm Rieke. Von Oktober an gilt der freie Zugang zum Gasnetz. Die Bundesnetzagentur spricht vom Meilenstein für mehr Wettbewerb. Und die Branche bundesweit gern vom »Modell Bielefeld«. Das Oberzentrum hat mit fünf Gaslieferanten und drei Netzen heute bereits eine Ausnahmestellung.

Die »Zukunftsmusik« von einst wird von Oktober 2006 an in jedem der 120 000 mit Erdgas beheizten Bielefelder Wohneinheiten ein aktueller Hit: Jeder Verbraucher kann seinen Gaslieferanten frei wählen. Was bislang allein wegen der erheblichen organisatorischen Hürden nur wenige Großverbraucher geschafft hatten, macht die Bundesnetzagentur jetzt jedem Enkunden möglich. Mehr noch: Von den zu erwartenden organisatorischen, physikalischen und betriebswirtschaftlichen Hindernissen soll der Endkunde nichts mitbekommen, sagt Dr. Michael Hübert.
Der Chef der Stadtwerke-Netzgesellschaft steckt mitten in den Vorbereitungen für den großen Tag. Mit Beginn des neuen Gaswirtschaftsjahres am 1. Oktober, sagt Hübert, gilt für den Verbraucher das wesentlich vereinfachte System: Der Verbraucher sucht sich einen neuen Gaslieferanten. Der muss dann seinerseits mit den Stadtwerken als örtlichem Netzbetreiber die organisatorischen Formalitäten erledigen.
Man habe, versichert Hübert, bei der Stromliberalisierung beste Erfahrungen gesammelt, den Absatz an Elektrizität durch bundesweite Akquisition verdoppelt: »Beim Gas ist die Sache nicht ganz so einfach.« Aber in Bielefeld immer noch viel einfacher als in fast allen anderen Regionen Deutschlands, die nahzu ausnahmslos von einzelnen Flächenversorgern mit Gas beliefert werden. In Bielefeld, erklärt Hübert, gibt es Gas von fünf Lieferanten, die drei Marktgebiete von RWE (Brachwede), Wingas (Hillegossen) und BEB (Westen) mit entsprechend drei Pipelines im Stadtgebiet und dazu das einheitliche Leitungsnetz der Stadtwerke Bielefeld. Über die bei Stora-Feldmühle betriebene Umwandlungsstation zwischen H-Gas und L-Gas, freut man sich bei den Stadtwerken, sei man bereits heute weiter als die meisten anderen Regionen der Republik.
Immerhin hat Matthias Kurth, Präsident der Bundesnetzagentur, den Versorgern mächtige Hausaufgaben aufgegeben: Anders als beim Strom lässt sich Gas nicht einfach mischen, passen L-Gas und H-Gas nicht zusammen, muss man zwischen Lieferanten und Versorgern Gasmengen finanziell ausgleichen, ohne dass der Endkunde dieses spürt.
Bei den Stadtwerken freut man sich auf das neue Zeitalter, die neue Dimension des Wettbewerbs - auch wenn dabei einige heimische Großkunden eventuell verloren gehen sollten

Artikel vom 07.02.2006