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»Unser Modell ist auf
Peters abgestimmt«

Bundestrainer Klinsmann steht zu seinem Kandidaten

Berlin (dpa). Fußball-Bundestrainer Jürgen Klinsmann hat sich klar für Bernhard Peters als DFB-Sportdirektor ausgesprochen, sieht aber von personellen Konsequenzen ab, sollte sein Arbeitgeber zu einer anderen Entscheidung kommen.
Die Personalie Peters hat heftige Reaktionen ausgelöst. Halten Sie dennoch an Ihrem Vorschlag für die Position des Technischen Direktors fest?Klinsmann: Natürlich. Was jetzt passiert, ist sehr schade. Aus der Qualitäts- und Fachdiskussion wird eine Personaldiskussion. Wir haben über Monate hinweg ein Modell entwickelt mit Bernhard Peters. Aber bevor wir es dem DFB-Präsidium vorstellen konnten, wurde es durch eine Indiskretion schon öffentlich diskutiert. Das finde ich unfair und respektlos gegenüber einer Ausnahmeperson im deutschen Sport wie Bernhard Peters.

Warum ist es so schwer im deutschen Fußball, sich für Experten aus anderen Bereichen zu öffnen? Klinsmann: Das ist überhaupt nicht schwer, wenn die Aufgabe richtig verstanden wird. Unser Konzept sieht einen sportlichen Leitungsstab mit Bundestrainer, Co-Trainer, U 21-Trainer, Chefausbilder und Nationalmannschafts-Manager plus Bernhard Peters vor. Er hat hohe Führungs- sowie Management-Qualitäten, soll Dinge entwickeln, die von uns vorgegeben werden. Er soll konzeptionell arbeiten, deshalb ist es überhaupt kein Problem, wenn er nicht aus dem Fußball kommt.

Mit Matthias Sammer hat sich ein weiterer Kandidat positioniert. Wie überrascht waren Sie? Klinsmann: Wir haben auch mit Matthias Sammer diskutiert. Aber er war immer unterrichtet, dass Bernhard Peters unser Wunschkandidat ist. Dass er jetzt noch einmal nach vorn prescht, ist okay, da habe ich keine Probleme. Nur unser Modell ist auf eine Person wie Peters abgestimmt.

Das heißt, eine Doppellösung mit Peters und Sammer, wie sie von DFB-Präsident Theo Zwanziger forciert wird, ist nicht praktikabel? Klinsmann: Das wird alles am Mittwoch beim DFB in der Präsidiums-Sitzung besprochen. Da werden wir unser Modell inhaltlich präsentieren. Bisher haben wir es nur intern mit DFB-Präsident Theo Zwanziger, Generalsekretär Horst R. Schmidt und dessen designiertem Nachfolger Wolfgang Niersbach diskutiert. Oliver Bierhoff hat sehr viel Zeit investiert.

Uli Hoeneß hat auf die Brisanz hingewiesen, die ein möglicher »Schatten-Bundestrainer« Sammer mit sich brächte. Fürchten Sie auch negative Auswirkungen aus dem Teil der Job- Beschreibung, der sagt, dass ein Sportdirektor übergangsweise auch die Nationalelf führen könnte? Klinsmann: Die Notwendigkeit ist gar nicht gegeben, diese Diskussion ist gegenstandslos. Dieses Tohuwabohu wie nach der EM 2004 mit der Trainerfindungskommission, das wird es nicht mehr geben. Dazu sind zu viele kompetente Leute da: Oliver Bierhoff, Joachim Löw und Dieter Eilts haben alle die Qualifikation, um einspringen zu können, wenn wirklich Not aufkommen sollte.

DFB-Chef Zwanziger erwartet vor der Sportdirektor-Entscheidung klarere Zeichen von Ihnen, dass Sie nach der WM weiter machen? Klinsmann: Der Stand kann nur so bleiben, wie er ist. Dieses Gesamtereignis WM lässt sich erst danach analysieren. Ich kann mich jetzt nicht für weitere zwei oder vier Jahre binden und in den kommenden fünf Monaten passieren Dinge, die diese Überlegung total verwerfen könnten. Wir können nicht den zweiten vor dem ersten Schritt machen, das halte ich auch nicht für fair. Nach der WM brauche ich Zeit, um mich mit der Familie abzustimmen, da sie nach wie vor die höchste Priorität in meinem Leben hat.

Zwanziger will wohl auf jeden Fall am Mittwoch eine Entscheidung über den Technischen Direktor? Hätte eine Absage an Peters Konsequenzen für Sie und Ihre Zukunftsplanung? Klinsmann: In keiner Weise, für mich hat die Entscheidung keine Konsequenzen. Es ist ein Thema, was uns am Herzen liegt. Wir werden das akzeptieren, was das Präsidium entscheidet. Es wäre nur schade, wenn man Bernhard Peters keine faire Chance geben würde. Denn vorgesehen war, dass das Präsidium in aller Ruhe entscheidet. Jetzt hat die Sache eine Eigendynamik angenommen.

Artikel vom 07.02.2006