11.02.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Lästige WM-Gedanken von
Mozarts Musik verweht
Hand in Hand mit dem »Fußball-Luder« über Nürnbergs Spielwarenmesse
Unglaublich, aber wahr: Es gibt Menschen in Deutschland, denen fliegt König Fußball immer noch am Popo vorbei. Diese Menschen meist weiblichen Geschlechts stöhnen jetzt schon bei jeder Nachricht über die bevorstehende WM: Gibt es denn nichts Wichtigeres?
Richtig schlimm wird es, hat die Weltmeisterschaft erst einmal begonnen. Ich höre schon die beißenden Fragen: Willst du jeden Tag vorm Fernsehapparat sitzen? Soll sich der Hund denn heute selbst ausführen? Und als Höhepunkt: Wenn du partout keine Lust verspürst, mit mir ins Theater zu gehen - mein netter Schulfreund Alex nimmt den Fußball längst nicht so wichtig wie du . . .
Ach könnte man ihr in solchen Augenblicken doch liebevoll den Mund stopfen!
Mann kann - dank Sigikid. Der bayerische Plüschwaren-Hersteller kennt sich in der Seele des Fußballfans aus. Zur diesjährigen Nürnberger Spielwarenmesse führte er das »Fußball-Luder« vor - ein süßes rosa Schweinchen, angekleidet mit einem weißen Sporttrikot.
So lieb das Luder auch aussieht, das Ferkel hat es faustdick hinter den Schlappohren. »Fußball«, rüffelte es durch den frechen Rüssel. »Überall nur Fußball. Fußball-Kartenspiele. Fußball-Brettspiele. Fußball-Computerspiele. Fußball-Paymobils. Fußballer-Figuren. Fußball- Puzzles. Tischfußball. Flip-Fußball. Kleine Fußbälle. Große Fußbälle. Tipp-Kicks . . . «
Statt zu diskutieren, nehm ich das Luder bei der Hand. Schau'n mer mal . . . 
Schon am Sigikid-Stand werden wir fündig. Doch kaum zeige ich ihr die Plüsch-»Literaturratte«, ätzt das Luder schon wieder: »Bestimmt liest das Vieh ein Fußballer-Buch.«
Beim nächsten Stopp an der Carrera-Autorennbahn läuft die Sache schon besser. »Auf den zwei Spuren«, so erläutert der Hersteller, »können neuerdings vier Autos getrennt gesteuert werden.« Natürlich gewinnt das Fußball-Luder: »Schumi ist mir auch lieber als Ballack.«
Inzwischen zieht uns Mozarts Nachtmusik zum Noris-Stand. Ein neues Quizspiel wird vorgestellt, zum Jubiläumsjahr mit insgesamt 1320 Fragen. Wo wurde Mozart geboren - in Wien, Salzburg oder Innsbruck? Ich murmele die Antwort (Salzburg) und dränge, bevor die Fragen schwerer werden, auf Weitergehen.
Am »Biene Maja«-Stand erzählt jemand, die Biene Maja feiere in diesem Jahr ihren 30. Geburtstag. Schließlich gelingt es uns doch, klar zu machen, dass es nur der 30. Geburtstag der Fernsehserie sein kann. Das Buch von Waldemar Bonsels erschien bereits 1912.
Plötzlich miaut es. Das Luder wird sich doch nicht plötzlich vom Schweinchen in ein Kätzchen verwandelt haben? Doch nein, das Miauen kommt vom Smoby-Stand. Die Plüschkatze Toulouse schnurrt, wenn man sie an Kopf, Bauch oder Rücken streichelt. Mit dabei ist übrigens der kleine Freund der Aristocat, die Maus Roquefort. Legt sie ein Stück Keks unter die Schnauze der Katze, fängt diese leise an zu schmatzen.
Der Urahn dieser mit Elektronik vollgepfropften Plüschwesen ist Furby. Inzwischen hat Hasbro die Technologie weiter entwickelt. Neuester Star: das Real Friends Pony. Etwa so groß wie ein Shetland-Pony schnaubt und wiehert es, bewegt Kopf, Ohren und Schwanz. Das Luder möchte sofort aufsitzen: »Kauf es mir, und du darfst jeden Tag Fußball gucken.« Der Preis lässt mich stutzen: 399 Euro. Wie viele WM-Tickets könnte man dafür bekommen? Zum Glück kann man das Pony erst in der zweiten Jahreshälfte kaufen. Vielleicht, wenn das Luder lieb ist und Deutschland Weltmeister wird . . . Bernhard Hertlein

Artikel vom 11.02.2006