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»Ein Signal gegen die Integration«

Kritische Stellungnahmen zum Kopftuchstreit vor Gericht


Bielefeld (WB/mm). Als Signal gegen die Integration von deutschen muslimischen Frauen wertet die Christlich-Islamische Arbeitsgemeinschaft Bielefeld die Entscheidung einer Richterin am Landgericht, eine Muslimin auf Grund ihres Kopftuches als Schöffin abzulehnen (das WESTFALEN-BLATT berichtete).
Unsere demokratische Gesellschaft lebe davon, dass sich Menschen mitverantwortlich fühlten, sich öffentlich engagierten und beteiligten, heißt es in einer von Sahar El Shamsy, Ibrahim Gügen, Martin Hülsenbeck und Brigitte Maske unterzeichneten Erklärung. Dass sich auch eingebürgerte Migranten für die Aufgabe der Schöffen zur Verfügung stellten, sei ein Zeichen ihrer Bereitschaft zum Mitgestalten des Zusammenlebens unserer Stadt - für die muslimische Frau zugleich ein Zeichen der Emanzipation. Die Arbeitsgemeinschaft wertet die Entscheidung als eine »Vorabverurteilung«, die nicht stattfinden dürfe.
Klaus Fussy, Dechant des Dekanates Bielefeld, protestiert als Vertreter der katholischen Kirche gegen das Vorgehen der Richterin. Das Tragen des Kopftuches sei Sache der Frau und tue ihrer Neutralität keinen Abbruch. Als Christ und Priester seien für ihn unter anderen die Aussagen des 2. Vatikanischen Konzils Grundlage des Denkens und Handelns, schreibt Fussy. Er zitiert: »Mit Hochachtung betrachtet die Kirche die Muslime, die den alleinigen Gott anbeten, den lebendigen ... barmherzigen und allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erde, der zu den Menschen gesprochen hat.«
Die Grünen fordern den Präsidenten des Landgerichtes auf, »klare Position zu beziehen, um Wiederholungsfälle auszuschließen«. Nach Auffassung des Fraktionsgeschäftsführers im Stadtrat, Klaus Rees, kann die richterliche Entscheidung in keiner einschlägigen Vorschrift zur Wahrnehmung eines Schöffenamtes nachvollzogen werden. Barbara Schmidt (Linkspartei) vertritt die Meinung, dass die Entscheidung der Richterin gegen die im Grundgesetz garantierte Religionsfreiheit verstoße, die sich nicht nur auf das Christentum beziehe.

Artikel vom 06.02.2006