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Verpatzte Vor-Party

Neumayer als Neunter bester deutscher Skispringer

Von Oliver Kreth
Willingen (WB). Party-Zeit im Sauerland. Am Samstag pilgerten wieder 35 000 ins deutsche Skisprung-Mekka nach Willingen. Die jugendlichen Groupies der Adler-Boygroup wurden allerdings enttäuscht. Denn die Generalprobe für Turin ging gewaltig daneben.

Das letzte Einzelspringen vor Olympia dominierten unerwartet die Österreicher. Andreas Kofler siegte vor Landsmann Thomas Morgenstern. Die DSV-Adler segelten weit an den Podestplätzen vorbei: Der Berchtesgadener Michael Neumayer landete auf Rang neun. dahinter folgte Michael Uhrmann (Rastbüchl). »Es wäre mehr drin gewesen. Was die Jungs drauf haben, haben wir in der Qualifikation gesehen. Das müssen sie jetzt im Wettkampf rüber bringen, was leider nicht hundertprozentig gelungen ist«, bilanzierte Bundestrainer Peter Rohwein.
Damit misslang der Versuch, sich das nötige Selbstvertrauen für Turin zu holen. »Es wäre wichtig gewesen, gut abzuschneiden«, sagte Rohwein, dessen Schützlinge mit Ausnahme von Neumayer schon im ersten Durchgang ihre Chancen eingebüßt hatten. Am Ende gelang Kofler mit 273,7 Punkten für Sprünge auf 143 und 138,5 Meter der erste Saisonsieg für Österreichs Skispringer vor Landsmann Morgenstern (270,4), der auf 135,5 und 145 Meter kam. Dritter wurde der Schweizer Andreas Küttel (257,2/135,5+138,5). Überraschend Vierter wurde der Japaner Daiki Ito (252,3/136,0+135,0). Janne Ahonen (Finnland) wurde Sechster, der Weltcup-Gesamtführende Jakub Janda (Tschechien) Achter.
Im ersten Durchgang hatten das Wetter in Willingen das 50er-Feld durcheinander gewirbelt. Als sich die Jury nach 25 Athleten wegen eines zu starken und beständigen Aufwindes zu einer Anlaufverkürzung entschlossen hatte, beruhigte sich die Lüfte. »Wer bei dem wenigen Anlauf keinen Wind hat, springt kurz«, stellte Neumayer fest. Der Berchtesgadener war der einzige DSV-Springer, der bei der Wetterlotterie ein Glückslos zog. Mit 135 Metern legte er den Grundstein für seine Top-Ten-Platzierung. »Ich habe die guten Verhältnisse ausgenutzt«, gab Neumayer zu. Im Finale hielt er dem Druck jedoch nicht stand und fiel vom fünften auf Platz neun. Kein Grund, Frust zu schieben, denn »es geht bergauf bei mir«.
Keine Chance hatte dagegen Uhrmann, der so stark in die olympische Saison gestartet war. Im ersten Durchgang waren es nur 126,5 Meter. »Der war nicht schlecht. Unten war aber kein Wind mehr«, beschrieb der Bayer die Verhältnisse bei seinem ersten Sprung. Nach 138 Metern im Finale zog die deutsche Nummer eins dennoch zufrieden von dannen: »Es hätte vom Ergebnis besser sein können, aber die Sprünge waren gut und haben Selbstvertrauen gegeben.«
Bei Alexander Herr konnte davon keine Rede sein. 129,5 und 134 Meter reichten nur zu Rang 14. »Das war zu viel des Guten und ist ärgerlich. Vielleicht klappt es ja bei Olympia. Ich weiß, dass ich's kann«, sagte der Schonacher, der in der Qualifikation mit 144 Metern geglänzt hatte.
Sorgenkind neben Martin Schmitt, der in Ruhpolding ein Sondertraining absolvierte und um eine Olympia-Teilnahme bangen muss (Rohwein: »Ich werde mich am Montag erkundigen, wie es lief«), bleibt Georg Späth. Der Oberstdorfer landete mit 124,5 und 128,5 Metern auf Rang 17. »Er muss endlich lernen, es nicht mit der Brechstange anzugehen. Im Training klappt das ja schon«, rügte Rohwein seinen übermotivierten Adler.

Artikel vom 06.02.2006