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Medizin-Qualität
braucht Kontrolle

Chirurgische Arbeitsgemeinschaft tagt

Von Sabine Schulze
Bielefeld (WB). Den Patienten interessiert vor einer Operation, wie groß das Risiko ist, dass etwas schief geht. Die Ärzte wollen wissen, ob das Risiko in unterschiedlichen Krankenhäusern unterschiedlich ist, ob Komplikationen unabänderlich sind oder ob ein Fehler bei einem besseren Management der Therapie nicht aufgetreten wäre. Qualitätssicherung heißt hier das Zauberwort.

Am gestrigen Freitag und heutigen Samstag trifft sich daher die Chirurgische Arbeitsgemeinschaft für Qualitätssicherung zu ihrer Jahrestagung in Bielefeld. Organisator des Treffens ist Prof. Dr. Johannes O. Jost, Chefarzt der Chirurgischen Klinik I des Franziskus-Hospitals.
»Das Wichtigste ist für uns das Ergebnis«, sagt Jost. Allerdings: Ob eine Operation den gewünschten Erfolg hat, steht oft erst nach zwei, drei Monaten fest - wenn die Krankenhausärzte ihre Patienten nicht mehr erreichen, weil sie vom niedergelassenen Kollegen weiterbehandelt werden. So bleibt, weil man die Ergebnisqualität nicht immer bestimmen kann, die Beurteilung der Strukturqualität eines Krankenhauses (welche Abteilungen hält es vor, wieviel Personal gibt es, wie ist es ausgebildet?) und der Prozessqualität: Wie sind die Abläufe von der Aufnahme eines Patienten bis zur Entlassung, welche Probleme treten auf? Gibt es Wundeiterungen, Lungenembolien oder Komplikationen während der Operation?
Seit 1989 müssen sich alle Operateure in Nordrhein-Westfalen einer externen Qualitätskontrolle unterwerfen. »Das war damals schwer zu vermitteln, brachte aber erhebliche Erkenntnisse«, sagt Jost. Natürlich wurde auch diskutiert, wie es mit der Ehrlichkeit der Berichterstattung steht. »Daten und Kontrollbögen können gefälscht werden. Aber man macht es ja für sich selbst, man will ja wissen, wo man steht und die eigenen Komplikationen bewerten.« Zudem gebe es Plausibilitätsprüfungen: »Wer systematisch lügt, fällt auf.«
So sinnvoll wie interne und externe Qualitätskontrollen sind (dazu gehört zum Beispiel die Pflicht, den Qualitätsbericht eines Hauses ins Netz zu stellen), stellt Jost gleichwohl fest, dass sie zunehmend zum Kontrollmechanismus werden. Und: »Es gibt mittlerweile eine Fülle von Instrumenten der Qualitätssicherung, die Krankenhausärzten und niedergelassenen Medizinern viel Arbeit machen und Zeit kosten. Da muss man fragen, wie effektiv das ist und was tatsächlich die größte Qualitätsverbesserung bringt.«
Bevor weitere Kontrollinstrumente erdacht würden, so der Chirurg, solle die Qualität durch eine gute Weiterbildung der Chirurgen und den Zwang zur Fortbildung verbessert werden. Mehr Bürokratie koste, der menschliche Faktor werde vernachlässigt. Jost erwartet darüber engagierte Diskussionen, wie auch Erhellendes von den internationalen Referenten, die über die Qualität der Weiterbildung in ihren Ländern berichten werden.

Artikel vom 04.02.2006