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Rektorbüro ist
Schaltzentrale
der Besetzer

Kontrahenten sind gesprächsbereit

Von Sabine Schulze
Bielefeld (WB). Üblicherweise ist das Rektorat der Universität zu nächtlicher Stunde verwaist. Nicht so in der Nacht zu Donnerstag und sicher auch nicht in der Nacht zum heutigen Freitag: Nach wie vor halten Studierende die Räume der Hochschulleitung rund um die Uhr besetzt, haben sich mit herbeigeschafften Sofas und Schlafsäcken häuslich eingerichtet. Rektoratsangehörige und -mitarbeiter konnten ihre Büros gestern nicht betreten.

Der Protest der Studierenden richtet sich gegen die geplante Einführung von Studiengebühren; er entzündete sich an dem Beschluss des Senats, das Rektorat mit der Erstellung einer Beitragssatzung zu beauftragen (wir berichteten). Längst aber ist der Forderungskatalog ausgeweitet worden.
Die Sprecher der Rektoratsbesetzer laden zur Pressekonferenz in das Büro von Uni-Rektor Prof. Dr. Dieter Timmermann ein. Das ist zur Schaltzentrale ernannt worden. Aus dem Fenster weht eine rote Fahne - symbolisch. »Nur Linke und Krawallos sind wir aber nicht«, betonen Jean-André Flöring und Matthias Klenk. Vielmehr sehen sie sich als Repräsentanten der Studierenden.
»Wir haben drei Forderungen: Zurücknahme des Senatsbeschlusses. Rücktritt des Rektors oder des gesamten Rektorats, weil es das Vertrauen der Studierenden missbraucht hat; wir fordern ein Rektorat, das uns ernstnimmt und anhört. Und schließlich eine demokratischere Sitzverteilung im Senat; wir als größte Statusgruppe müssten mindestens so viele Sitze haben wie die Professoren«, listen sie auf. Bildung als Ware zu sehen, sei nicht akzeptabel, ergänzt Flöring. »Wir kämpfen nicht nur für uns, sondern auch für die, die nach uns kommen.« Zudem hoffen die Besetzer, dass deutschlandweit an den Hochschulen ein Nachdenken über Gebühren einsetze und auch andere »nicht klein beigeben«.
Auf Konfrontationskurs sei man nicht, betont Klenk: »Wir würden gerne mit dem Rektorat ein Gespräch über Alternativen zu den Studiengebühren führen.« Das war zumindest gestern noch nicht möglich: Die Hochschulleitung wollte in die Diskussion einsteigen, wurde aber vertröstet - erst sollte um 18 Uhr eine Plenumssitzung der basisdemokratisch nicht organisierten Besetzer erfolgen, das Plenum werde dann einen Forderungskatalog formulieren, erfuhr das Rektorat. Dr. Gerd Meier, Referent des Rektors, versuchte den Weg über den AStA zu gehen - der zwar nicht Veranstalter des Go-Ins war, aber vermitteln sollte. »Das Gesprächsangebot steht«, sagte Uni-Sprecher Ingo Lohuis.
An den geforderten Rücktritt denkt Rektor Dieter Timmermann aber keineswegs. »Das Abstimmungsergebnis im Senat zeigt ja auch, dass längst nicht nur die Professoren für Studiengebühren sind beziehungsweise sie nicht pauschal ablehnen«, sagt Meier. Als absoluten Unfug bezeichnet er den Vorwurf der Studierenden, das Rektorat habe durch das Versprechen, einzelnen Arbeitsbereichen Geld zuzuschustern, Stimmen gefangen. »Im Gegenteil: Die Mittelverteilung wird transparent sein, sie erfolgt über Gremien und Kommissionen, in denen auch studentische Vertreter sind.« An einer Gremienuniversität seien Geheimgespräche schlicht unmöglich.
Trotz der Besetzung war das Rektorat gestern arbeitsfähig: Die nötige Technik wurde in anderen Räumen installiert (die Rechner hatte Meier noch am Mittwoch aus den Büros geholt, wie er auch mit Studierenden die Telefone ausgestöpselt hatte), der Terminplan wurde weitestgehend abgearbeitet. »Lediglich einige Unterlagen waren nicht greifbar.«

Artikel vom 03.02.2006