07.02.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Polizei stoppt knapp 310
»rollende Zeitbomben«

Lkw mit technischen Mängeln aus Verkehr gezogen

Von Jens Heinze und
Hans-Werner Büscher (Foto)
Bielefeld (WB). Hauptkommissar Friedrich Coring (53) und Oberkommissar Arne Heitkamp (52) sind »alte Hasen« im Geschäft. Die beiden Ermittler von der Technischen Kontrollgruppe der Polizei haben sich seit Jahren auf die »rollenden Zeitbomben« auf Bielefelds Straßen spezialisiert. Knapp 310 marode Lkw hat die Kontrollgruppe im vergangenen Jahr in der Großstadt aus dem Verkehr gezogen und den überwiegend aus Osteuropa stammenden Fahrern wegen schwerer technischer Mängel an ihren Lastwagen die Weiterfahrt untersagt.

An Deutschlands östlichen Staatsgrenzen fehlt den Beamten von Zoll und Bundespolizei (früher Bundesgrenzschutz) schlicht die Zeit, täglich tausende Lkw bei der Einreise nicht nur auf Ladung, sondern auch noch in puncto Verkehrssicherheit zu überprüfen. Was dort durchrutscht, das nehmen Coring und Heitkamp auf Bielefelds Straßen »unter die Lupe«.
Dabei erleben die beiden Kontrolleure vom Polizei-Verkehrsdienst immer wieder Sachen, die es eigentlich gar nicht geben dürfte. Ein Beispiel ist der Fall mit dem polnischen Zeitschriften-Lkw, der am 5. Juli 2005 auf dem Südring völlig überladen mit defekten Bremsen auf einen vorausfahrenden VW Golf gekracht war. Am Ende hieß es nicht für einen, sondern für vier Lkw aus Osteuropa »letzte Ausfahrt Bielefeld«.
Drei Versuche polnischer Spediteure, die Fracht mit einem zweiten Wagen zu übernehmen beziehungsweise mit zwei Tiefladern stillgelegte Lkw aus Bielefeld in die Heimat zurück zu bringen, scheiterten kläglich. Hauptkommissar Coring: »Alle Fahrzeuge waren völlig marode und landeten eins nach dem anderen auf unserem Sicherstellungsgelände. Deutsche Spediteure haben schließlich die Ladung zum Empfänger transportiert und die vier Lkw nach Polen zurück gebracht.«
Die Negativ-Hitliste der »Kaputtniks auf zwölf Rädern« führen nach wie vor die Spediteure aus Polen an - fast jeder zweite in Bielefeld sichergestellte Lkw ist jenseits von Oder und Neiße zugelassen. »Das bedeutet aber nicht, dass die Polen die schrottreifesten Lastwagen in Europa haben«, so Erster Polizeihauptkommissar Matthias Kühn, Leiter des Verkehrsdienstes. Hier mache es einfach die Masse: »Polnische Speditionen sind am meisten am Ost-West-Gütertransport beteiligt.«
Die Plätze 2 und 3 der »rollenden Zeitbomben« auf Bielefelds Straßen sind mit Weißrußland und Litauen ebenfalls fest in osteuropäischer Hand. Doch auch bei deutschen Fuhrunternehmern ist nicht alles Gold, was glänzt. 14 zwischen Flensburg und Garmisch-Partenkirchen zugelassene Sattelzüge oder Gespanne stoppten die Fahnder der technischen Kontrollgruppe im vergangenen Jahr. »Und das trotz der verschärften Sicherheitskontrollen von TÜV und Dekra«, so Oberkommissar Arne Heitkamp.
Fazit von Heitkamp und seinem Kollegen Coring: »Optisch gesehen sind die Fahrzeuge besser geworden, technisch aber nicht. Früher musste man sich am Lkw nur bücken, um das blanke Elend zu erkennen. Heute müssen wir unter das Fahrzeug krabbeln. Doch das Ergebnis ist das gleiche.«

Artikel vom 07.02.2006