06.02.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Schalkes Jäger treffen nicht:
Nord-Rivalen pirschen davon

Ein Tiefpunkt der Derby-Geschichte: 0:0 im 127. Duell gegen Dortmund

Von Klaus Lükewille
Gelsenkirchen (WB). Wenn die bunten Fahnen wehen: Das Stadion in Gelsenkirchen ist schon weltmeisterlich geschmückt. Alle 32 Teilnehmer-Länder dürfen hier bereits stolz ihre Flaggen zeigen. Die Schalker Arena-Premiere im WM-Jahr 2006 war allerdings keine Glanznummer. Auf der Liga-Karte stand eine höchst unbekömmliche Nulldiät gegen Borussia Dortmund.

Fußballerische Magerkost im 127. Derby. Und in der nach unten offenen Unterhaltungsskala dieses Traditionsvergleichs dürfte die Partie vom 4. Februar 2006 auf Platz 126 stehen. Vielleicht gab es ja tatsächlich doch eine Partie Schalke kontra Dortmund, die noch schlechter gewesen ist.
»Manchmal geht eben nichts«, stellte Abwehrchef Marcelo Bordon fest. Und bei seinen »Königsblauen« ging vor allem nach dem Wechsel überhaupt nichts mehr. Dabei war Mirko Slomka in der Kabine noch so zuversichtlich gewesen: »Ich glaubte fest daran: Wir machen das entscheidende Tor und holen uns den wichtigen Sieg.« Aber dann erlebte der Coach einen Arena-Einstand, auf den die Schalker Fans nachher lautstark pfiffen.
Aus der Nordkurve kamen bereits in der 57. Minute deutliche Missfallenskundgebungen in Richtung Trainerbank. Da hatte es Slomka doch glatt gewagt, den Jubilar vorzeitig vom Rasen zu winken. Für Kapitän Ebbe Sand, vorher wie Kollege Levan Kobiaschwili für seinen 200. Bundesliga-Einsatz noch mit Blumen geehrt, war der »Feiertag« vorzeitig zu Ende.
Slomka spielte später den Gelassenen: »Ich habe die Reaktion der Zuschauer natürlich registriert. Aber ich weiß nicht, vielleicht wären sie auch nicht damit einverstanden gewesen, wenn ich Kevin Kuranyi vom Platz geholt hätte.« Der Nationalspieler durfte bleiben und wartet jetzt schon seit 475 Minuten auf seinen achten Treffer für den neuen Arbeitgeber. Sportdirektor Andreas Müller nahm ihn in Schutz: »Eine solche Durststrecke macht doch jeder Torjäger mal durch. Kevin steht bei uns nicht in der Kritik.«
Aber die Flaute des WM-Aspiranten Kuranyi ist für den FC Schalke 04 in dieser Saison symptomatisch. Stürmische Zeiten sind das nicht gerade. Erst 22 Tore stehen auf dem Konto. Viel zu wenig für eine Mannschaft, die ganz oben mitspielen will. Das Ziel heißt selbstverständlich weiterhin Champions League - aber auf dem derzeitigen Rang vier reicht es nur für den UEFA-Cup.
»Die Bayern sind sowieso weg. Wir werden Werder Bremen und den Hamburger SV jagen«, hatte Slomka bei seinem Dienstantritt versprochen. Nach Spieltag 19 vergrößerte sich der Abstand zu den Nord-Rivalen auf sechs und sieben Punkte. Seine »Jäger«, sie trafen gegen Dortmund nicht.
Dabei brachte der Trainer das volle Offensiv-Programm. Zuerst mit Sand und Kuranyi, später kamen noch Gerald Asamoah, Hamit Altintop und Sören Larsen. Das Ergebnis blieb gleich »Null«. Slomka kommentierte die zweite Hälfte so: »Wer sich keine Chance erspielt, der kann auch keine Chance vergeben.« Und dabei lächelte er sogar.
Der neue Chef, ein Ironiker?
Müller fand das nicht so lustig. Ihn ärgerte dieses 0:0 mächtig. »Das war schon das achte Unentschieden, wir lassen einfach zu viele Punkte liegen.«
Und das zweite Zwischenzeugnis für Slomka sieht schon wieder etwas anders aus. Wurde der Fußball-Lehrer nach dem 2:0-Auftakt in Kaiserslautern von allen Verantwortlichen gelobt, musste Müller jetzt feststellen: »Die Mannschaft war in dieser Saison schon mal ein Stück weiter.« Wie hieß da noch gleich der Trainer? Ach ja, das war Ralf Rangnick.

Artikel vom 06.02.2006