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»Europa für 87 Euro - jährlich
und pro Kopf - rechnet sich«

Brok zerstreut weitverbreitete Skepsis: Studie belegt Nutzen der EU

Von Dirk Schröder
Bielefeld/Brüssel (WB). Angst vor der Konkurrenz durch billigere Arbeitskräfte aus den neuen Beitrittsländern. Negativschlagzeilen über den Euro, der von vielen als Teuro empfunden wird und der Ärger darüber, dass Deutschland der größte Nettozahler in der Europäischen Union ist. Dies wird immer wieder als Begründung dafür angeführt, warum die EU von den meisten Deutschen als wirtschaftliche und soziale Bedrohung empfunden wird.
Elmar Brok, Europaabgeordneter aus Bielefeld: »Die EU-Skepsis ist grundlos.«

»Diese EU-Skepsis ist aber grundlos«, stellt jetzt der Bielefelder CDU-Europaabgeordnete Elmar Brok in seiner Funktion als Präsident der überparteilichen Europa Union fest. Als Beleg dafür präsentiert er eine neue wissenschaftliche Studie, die den Nutzen der EU für Deutschland belegt. Brok: »Politisch ist die EU für uns zur Sicherung unserer Interessen und Werte unersetzbar. Doch auch finanziell sind die Zahlen glasklar. 2004 hat Deutschland 7,1 Milliarden Euro netto an die EU gezahlt - dagegen stehen 123 Milliarden Euro Handelsüberschuss. Allein die Steuern, die wir aus diesem Handel generieren, machen die Bilanz für uns positiv.«
Die Einführung des Euro war für Brok ein historisch bedeutender und segensreicher Schritt. Der Europaabgeordnete nennt drei Gründe, warum der Euro Vorteile für den einzelnen Bürger bringe:
l Mehr Transparenz: Mit dem Euro könne jeder einzelne grenzüberschreitend in ganz Europa Preise vergleichen. Das spare Zeit und Geld.
l Fairness: Ein Drehen einzelner Länder an der Währungsschraube, um kurzzeitige Wettbewerbsvorteile für den Export zu erzeugen, sei nicht mehr möglich.
l Niedrige Transaktionskosten: Für deutsche Unternehmen und Reisende bedeuteten die europäischen Einzelwährungen, dass durch die anfallenden Umtauschgebühren am Ende nicht mehr viel übrig gewesen sei. Da diese Gebühren jetzt entfallen, sparen nach Berechnungen der EU-Kommission die Euroländer jährlich 0,4 Prozent ihres Bruttoinlandprodukts. Das waren 2004 mehr als 30 Milliarden Euro.
Brok widerspricht auch der immer wieder angeführten Behauptung, der Euro habe zu extremen Preissteigerungen geführt. »Berechnungen haben ergeben, dass der Preisanstieg in den zwei Jahren nach Einführung des Euro insgesamt sogar um einen Prozentpunkt niedriger war als in den letzten beiden Jahren der D-Mark.« Auch auf den Aktien- und Finanzmärkten habe der Euro längst das in ihn gesetzte Vertrauen bestätigt. Länder in aller Welt stockten ihre Währungsreserven auf - in Euro und nicht in US-Dollar.
Mit der Osterweiterung würden sich für deutsche Unternehmen sich ihnen schnell erschließende Zukunftsmärkte direkt vor der Haustür eröffnen. Unter den zehn wichtigsten Handelspartnern Deutschlands seien zehn EU-Länder. In der Frage der Zuwanderung von Arbeitskräften aus den neuen Billiglohnländern werde häufig übersehen, dass die Arbeitnehmerfreizügigkeit für die meisten neuen EU-Länder noch auf Jahre hin eingeschränkt bleibe. Brok: »Es liegt an Deutschland, diese Möglichkeiten der Einschränkung zu nutzen und genau zu überwachen, statt von den hausgemachten Problemen abzulenken.«
Brok bestreitet nicht, dass Deutschland in absoluten Zahlen nach wie vor der größte Nettozahler ist. Doch vergleiche man die Beiträge der Nettozahlernationen pro Kopf und Jahr, zahlten die Niederländer mit 126 Euro pro Kopf am meisten, gefolgt von Schweden (119 Euro). Erst dann folge Deutschland mit 87 Euro.
Die Studie belegt aber nicht nur, dass Deutschland im Zeitalter der Globalisierung kaum als einzelne Volkswirtschaft bestehen könnte. Auch politisch rechne sich Europa. Besonders im Bezug auf Kriminalität, Terrorismus, Umwelteinflüsse oder humanitäre Katastrophen sehe sich Deutschland einer Reihe von Bedrohungen gegenüber, denen es nur gemeinsam mit seinen europäischen und transatlantischen Partnern erfolgreich begegnen könne.
Die europäische Idee von friedlichem Zusammenleben unter der Ägide von Menschenrechten und Demokratie sowie einer klaren Absage an Extremismus, Hass und Gewalt könne der Welt als Modell dienen. Broks Fazit aus der Studie: »Diese Union ist für Deutschland unverzichtbar - für Frieden, Freiheit und Wohlstand. Für jährlich nur 87 Euro pro Kopf rechnet sich Europa wirklich.«

Artikel vom 09.02.2006