03.02.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Mit Skalpell ins Finanzamt

Polizei stoppt Amoklauf eines wütenden Handwerkers

Von Karl Pickhardt
und Stephanie Rose
Paderborn (WB). Verhinderter Amoklauf im Paderborner Finanzamt. Ein wütender Handwerker ist gestern Vormittag mit einem Skalpell in die Behörde gestürmt. Der 43-jährige Delbrücker wollte seine Steuer-Sachbearbeiterin mit dem Messer angreifen. Er wurde überwältigt.

Erst nach einer Verfolgungsjagd bis ins oberste Geschoss konnte die Polizei den Amokläufer stoppen, der sich bei seiner Flucht selbst Schnittverletzungen im Arm zugezogen hatte. Die Beamten stürzten sich in einem Konferenzraum, in dem mehr als 40 Steuerbeamte aus Ostwestfalen-Lippe tagten, auf den bewaffneten Eindringling
Seit Wochen lag der Delbrücker mit der 33-jährigen Sachbearbeiterin im heftigen Streit über seine Steuererklärung. Er machte angeblich das Finanzamt für seinen wirtschaftlichen Bankrott verantwortlich. Immer wieder habe der verheiratete Mann die Finanzamt-Mitarbeiterin am Telefon beschimpft, sagte Polizei-Sprecher Ulrich Krawinkel.
Gestern Vormittag beschimpfte der Steuerzahler erneut die Frau und drohte, dass »er ihr gleich etwas antun werde«. Außerdem kündigte er seinen geplanten Überfall (»Jetzt marschiere ich mit einem Skalpell dort rein«) telefonisch bei einem Radiosender an, der daraufhin die Polizei alarmierte.
Die bedrohte Frau wandte sich gestern Vormittag in großer Sorge an ihren Vorgesetzten und erstattete bei der Polizei Anzeige gegen ihren »Kunden«. Der hatte sich inzwischen mit einem Skalpell bewaffnet und war ins Finanzamt eingedrungen. In der dritten Etage lieferte sich der Delbrücker mit dem Messer in der Hand heftige Wortgefechte mit mehreren Steuerbeamten auf dem Flur.
Inzwischen waren Einsatzkräfte der Paderborner Polizei, Notarzt und Rettungssanitäter angerückt, um das Finanzamt vor dem Angreifer zu schützen. Doch der Wüterich befand sich längst im Gebäude.
Ein Sicherheitsberater des Finanzamts und ein Polizist forderten den Eindringling auf, das Skalpell wegzuwerfen. Der 43-Jährige flüchtete mit seiner Waffe in den vierten Stock und fügte sich selbst einen Messerstich in den rechten Arm zu.
Im sechsten Stockwerk drang der Verfolgte in einen Konferenzraum, in dem mehr als 40 Mitarbeiter aus ostwestfälisch-lippischen Finanzämtern zur Weiterbildung tagten. Hektische Szenen folgten: Die Polizei forderte die Konferenzteilnehmer auf, sofort den Saal zu verlassen. Unter Einsatz von Pfefferspray gelang es den Beamten schließlich, den verletzten Amokläufer zu entwaffnen und festzunehmen. Zuvor hatte sich der Delbrücker weitere Stiche mit dem Skalpell zugefügt.
Er wurde von einem Notarzt versorgt mit einem Rettungswagen ins Krankenhaus gebracht.
Vor seinem gestrigen Amoklauf war der Handwerker polizeilich noch nicht in Erscheinung getreten.

Artikel vom 03.02.2006