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Berufsverbot
für Frauenarzt

Bewährungsstrafe wegen Missbrauchs

Von Uwe Koch
Enger/Bielefeld (WB). Frauenarzt Dr. Eberhard S. aus Enger (Kreis Herford) soll seinen Beruf vorerst nicht mehr ausüben. Das Landgericht Bielefeld hat gestern den Gynäkologen zu neun Monaten Bewährungsstrafe wegen des sexuellen Mißbrauchs einer Frau verurteilt.

Gravierendste Folge des Urteils: Ein vierjähriges Berufsverbot für den 66-Jährigen, um Wiederholungstaten auszuschließen. Fast exakt vor einem Jahr hatte das Amtsgericht Herford den Mediziner wegen dieses Vorwurfs mit neun Monaten Haft bestraft und ein fünfjähriges Berufsverbot verhängt. Die Approbation des Gynäkologen ruht ohnehin auf Anordnung der Bezirksregierung Detmold.
Die 11. Strafkammer des Landgerichts bestätigte gestern die Überzeugung des Amtsgerichts, dass der Arzt die Patientin Janette G. (22) bis zu vier Minuten lang an ihrer empfindsamsten Stelle gestreichelt und sie anschließend gebeten hatte, ihn im Intimbereich zu rasieren.
Gegen das erstinstanzliche Urteil war der Arzt in die Berufung gegangen. Vor dem Landgericht hatte er schon am ersten Verhandlungstag zugegeben, die Patientin um eine Intimrasur gebeten zu haben. Er habe aber nicht versucht, sie zu stimulieren, sondern die Frau »ganz normal untersucht«. Ein vom Gericht beauftragter Gutachter widersprach dieser Ansicht jedoch energisch. »Wenn ich ertasten will, ob eine Frau einen Klitoris-Tumor hat, brauche ich dafür höchstens fünf Sekunden. Ich kenne keine Krankheit, bei der ein minutenlanges Abtasten oder Streicheln dieses Bereichs notwendig ist«, erklärte der Mediziner, der von »unzulässigen Doktorspielen« sprach.
Gestern lenkte die Verteidigung ein, begrenzte die Berufung auf das Strafmaß. Dr. S. jedoch beharrte in einer weiteren Stellungnahme darauf, unschuldig zu sein. Vorsitzender Richter Wolfgang Lerch bezeichnete das »Teilgeständnis« daher als »nicht von Reue getragenes, uneinsichtiges Verhalten«.
Der Gynäkologe habe die Frau »absichtlich und gezielt berührt«, sagte Lerch in seiner Urteilsbegründung, und die Aussage des Opfers sei »glaubhaft«. Auch andere Frauen hatten ähnliche Vorfälle in der Praxis des Frauenarztes geschildert, diese Fälle indes waren verjährt und wurden strafrechtlich nicht verfolgt. Diese Frauen seien »in ihren Empfindungen tief verletzt« gewesen und hätten sich eben nicht »zu einem Konglomerat« gegen den Arzt zusammengefunden.
Die Zukunft des Dr. Eberhard S., dessen Praxis bereits insolvent ist, sieht nicht rosig aus: »Er wird zukünftig kaum noch seinen Beruf ausüben«, sagte Wolfgang Lerch. Gerade weil die Approbation des Mediziners nur ruhe, sprach die Strafkammer gestern erneut ein Berufsverbot aus. Die Reduzierung dieser Maßregel von fünf auf vier Jahren ändert jedoch an den erheblichen Folge für den Gynäkologen nichts.

Artikel vom 03.02.2006