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400 OWL-Firmen sind in China engagiert

IHK: Chancen und Risiken für den Mittelstand

Bielefeld (WB). Im Jahr 2010 wird China Deutschland als Exportweltmeister abgelöst haben. Das prophezeit Harald Grefe, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der IHK Ostwestfalen. China sei die »Fabrik der Welt«. Viele Geschäftsleute aus der Region mischen bereits mit. Über Chancen und Risiken eines Engagements im Land der Mitte sprach Redakteur Edgar Fels mit dem Auslandsexperten der IHK in Bielefeld.

China wächst und wächst und nimmt uns die Arbeitsplätze weg. Müssen wir Deutsche uns Sorgen machen? Grefe: Wir müssen China sehr erst nehmen. Das Land bietet Chancen, birgt aber auch gewisse Risiken. Es gibt bei Veränderungen immer Gewinner und Verlierer. Gerade deshalb muss man sich als Unternehmer mit China intensiv beschäftigen.

Ostwestfalen und China - wie passt das zusammen?Grefe: Chinesen lieben deutsche Produkte und schnelle Entscheidungen. Die mittelständische Struktur der Region bietet dafür die nötigen Voraussetzungen.

Wieviele Unternehmen aus OWL unterhalten derzeit Geschäftsbeziehungen nach China? Grefe: Es sind etwa 400 Unternehmen und beinahe täglich werden es mehr. 30 Unternehmen sind mit einer eigenen Produktionsstätte in China vertreten, wie etwa der Handyausrüster Balda, der Türenhersteller Hörmann und der Bielefelder Fensterbauer Schüco.

China ist für Unternehmer nicht nur wegen der niedrigen Lohnkosten attraktiv. China wird mehr und mehr auch als Absatzmarkt interessant. Auch für Produkte von OWL-Firmen? Grefe: Ja. Gute Chancen haben der Maschinenbau sowie die Elektro- und Kunststofftechnik, ebenso die Möbelindustrie wie auch die Zulieferindustrien. Chinesen lieben Produkte »Made in Germany«.

Von der Idee, mit einem Partner in China eine Geschäftsbeziehung einzugehen, bis zur Umsetzung in die Praxis ist es ein weiter Weg. Für wen lohnt sich das Abenteuer China? Grefe: International tätige Unternehmen kommen am Markt China nicht vorbei. Längst geht es nicht mehr nur um Textilien. In China werden heute High-Tech- und Low-Tech-Produkte gefertigt.

Wie teuer ist das Abenteuer China? Gibt es eine Faustformel, wieviel Geld man zunächst investieren muss? Grefe: Nein, die Vorlaufkosten sind aber enorm. DerÊUnternehmer muss zudem häufig vor Ort sein und neben Geld auch vielÊZeit investieren. Das Engagement trägt meist erst nach zwei bis drei Jahren erste Früchte. Für viele Unternehmer stellt sich heute allerdings nicht die Frage, ob sie sich in China engagieren, sondern wie man den besten Zugang auf diesen Markt findet. Einen Königsweg gibt es da leider nicht.

Ein Problem sind Plagiate. Die Chinesen lernen schnell, bauen unsere Produkte oft haargenau nach. Wohin könnte das führen? Grefe: Plagiate sind in der Tat ein Problem und für viele Unternehmer ein Grund, nicht nach ChinaÊ zu gehen.ÊÊSchützen kann man sich auch durch eine Präsenz vor Ort. Zudem gilt: Je komplexer ein Produkt ist, desto schwieriger ist auch der Nachbau. Man sollte aber auch wissen, dass die Chinesen ein ganz anderes Rechtsempfinden haben. Für sie ist das Nachbauen von Produkten eine Tugend: das Imitieren des Meisters.

Die Globalisierung ist nicht aufzuhalten. Was kommt nach China?Grefe: GlobalisierungÊ ist ein Prozess und wir stecken mittendrin. Die Welt verändert sich und China verändert die Welt. Die Menschen in Asien haben einenÊ großen Nachholbedarf. Indien etwa investiert enorm viel in die Bildung. Man kann wohl sagen: Dieses Jahrhundert wird asiatisch.Ê

Artikel vom 04.02.2006