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Erziehungszeit wird angerechnet

45 Jahre pflichtversichert: früherer Renteneintritt weiter ohne Abschlag

Von Dirk Schröder
Berlin (WB). Auch nach den Plänen von Bundesarbeitsminister Franz Müntefering soll derjenige bereits vor dem 67. Lebensjahr ohne Abschläge in Rente gehen können, der mindestens 45 Jahre voll versicherungspflichtig war.

Nach den bisherigen Regelungen ist es egal, ob dies eine Voll- oder Teilzeitbeschäftigung war, maßgebend ist nach Auskunft der Deutschen Rentenversicherung in Berlin, das 45 Jahre lang Pflichtbeiträge gezahlt wurden. Angerechnet werden dabei die Ausbildungszeiten, nicht aber Schul- und Studienzeit. Als Erziehungszeiten wird für jedes vor 1992 geborene Kind ein Jahr berücksichtigt, für nach 1992 geborene Jungen oder Mädchen sind es drei Jahre. Seitdem es die Pflegeversicherung gibt, ist derjenige auch pflichtversichert, der beispielsweise den Ehemann oder die Ehefrau pflegt - und dies ohne zeitliche Begrenzung.
Wer Wehrdienst geleistet hat oder Zeitsoldat war, also in einem beamtenähnlichen Verhältnis stand, ist bisher nachversichert worden. Diese Zeit wurde nach der gegenwärtigen »Vertrauensregelung« auch auf die 45 Jahre angerechnet, vorausgesetzt man ist Jahrgang 1942 und älter. Welche Regelung künftig gelten soll, steht noch nicht fest.
2004 gingen die Versichertenrentner im Schnitt mit 60,8 Jahren in den Ruhestand. Bei Erwerbsminderungsrenten lag dies Alter bei 49,8, bei den Altersrenten bei 63,1 Jahren. 20 Prozent der Neurentner waren zuvor arbeitslos.
Nach der Kabinettsentscheidung zur Rente von 67 an sollen künftig auch die Beamten bis 67 Jahre arbeiten. Dies hat der Präsident des Beamtenbundes, Peter Heesen, angekündigt.
»Der Fall ist für uns klar: Wenn es zu einer solchen Regelung im Rentenrecht kommt, dann werden wir das im Versorgungsrecht der Beamten entsprechend ausgestalten«, sagte Heesen der »Rheinischen Post« (Düsseldorf). Im Grundsatz gebe es keinen Dissens, erklärte Heesen. Wenn Arbeitnehmer im Jahr 2029 erst mit 67 Jahren abschlagsfrei in Rente gehen könnten, dann werde dies zum gleichen Zeitpunkt auch für Beamte gelten.
Ähnlich äußerte sich ein Sprecherin im Bundesinnenministerium. »Wenn der Gesetzesentwurf im Rentenrecht vorliegt, kann eine wirkungsgleiche Übertragung auf die Beamtenversorgung geprüft werden.« Dies entspricht auch dem Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD. Danach sollen »Maßnahmen in der gesetzlichen Rentenversicherung wirkungsgleich in das Versorgungsrecht der Beamten übertragen« werden.
Bei fast zwei Dritteln der Bundesbürger stößt die frühere Einführung der Rente mit 67 auf Ablehnung. Insgsamt 64 Prozent halten es nach einer Erhebung des ARD-Deutschlandtrends für nicht richtig, das Rentenalter schneller als bisher vorgesehen auf 67 Jahre anzuheben, um die Rentenkasse zu stabilisieren und höhere Rentenversicherungsbeiträge zu vermeiden. Dabei ist die Ablehnung in den ostdeutschen Bundesländern deutlich größer als im Westen: 75 Prozent der Wähler in Ostdeutschland sind gegen diesen Schritt, im Westen sind es 62 Prozent.
Nordrhein-Westfalens Arbeitsminister Karl-Josef Laumann hat von den Unternehmen mehr Arbeitsplätze für ältere Menschen gefordert. »Die Wirtschaft hat die raschere Einführung der Rente mit 67 begrüßt. Jetzt muss sie auch älteren Arbeitnehmern eine faire Chance geben«, sagte der CDU-Politiker gestern.
Die IG Metall hat gestern einen »Alterszuschlag« bei einer Kündigung gefordert. Arbeitgeber, die Beschäftigten über 55 Jahre kündigten, sollten neben einer Abfindung zu einer zusätzlichen Zahlung an den Rententräger verpflichtet werden, sagte die Bezirksleiterin der IG Metall Küste, Jutta Blankau. »Wenn man ernsthaft die Menschen bis 67 Jahre arbeiten lassen will, dann muss man das ÝEntsorgenÜ der über 50-Jährigen verhindern«.

Artikel vom 03.02.2006