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Öffentlicher Dienst streikt

Auftakt in Baden-Württemberg - Urabstimmung in NRW-Unikliniken

Berlin/Bielefeld (WB/kol/dpa). Der größte Streik im öffentlichen Dienst seit 14 Jahren beginnt am Montag in Baden-Württemberg. 200 000 Kommunalbedienstete wollen dort in den Ausstand treten. In Nordrhein-Westfalen gibt es am 20. Februar ein Tarifgespräch von Gewerkschaften und kommunalen Arbeitgebern.
Bundesweite unbefristete Streiks dürften Mitte Februar beginnen, kündigte die Gewerkschaft Ver.di gestern an. Die Arbeitnehmer wehren sich gegen längere Arbeitszeiten und warnen vor dem Wegfall tausender Jobs.
Bei einer Urabstimmung in den baden-württembergischen Kommunen stimmten 94,7 Prozent der 10 000 Ver.di-Mitglieder in 100 Betrieben für einen Arbeitskampf. Weitere Urabstimmungen begannen in den Kommunen in Niedersachsen und bundesweit bei Landesbeschäftigten. Das Ergebnis diese Urabstimmungen soll am 10. Februar vorliegen.
In Nordrhein-Westfalen beginnen am Montag Urabstimmungen in den sechs Universitätskliniken in Essen, Köln, Bonn, Münster, Düsseldorf und Aachen. Das sagte Ver.di-Sprecher Jörg Verstegen gestern dieser Zeitung. Die Friedenspflicht für die etwa 70 000 Arbeiter und Angestellten des Landes NRW ist bereits abgelaufen. Konkrete Planungen für einen Streik gebe es für die Landesbediensteten jedoch noch nicht, sagte Verstegen.
Die kommunalen Arbeitgeberverbände (KAV) in NRW wollen für die mehr als 500 000 Arbeiter und Angestellten der Städte und Gemeinden differenzierte Arbeitszeitregelungen erreichen. »Eine pauschale Erhöhung der Wochenarbeitszeit von 38,5 auf 40 Stunden bei schon jetzt bestehenden Personalüberhängen würde den Entlassungsdruck erhöhen«, sagte gestern KAV-Hauptgeschäftsführer Emil Vesper dieser Zeitung. Die kommunalen Arbeitgeber in NRW wollten deshalb in den Tarifverhandlungen auch die Möglichkeit zur Senkung der bezahlten Wochenarbeitszeit erreichen. Auch Sanierungs- oder Notfall-Tarifverträge dürften nicht ausgeschlossen werden.
Der Deutsche Städtetag kritisierte den Beginn der Streiks im öffentlichen Dienst. Der Städtetags-Präsident und Münchner Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) erinnerte an die Sicherheit des Arbeitsplatzes im öffentlichen Dienst. »Die Finanznot lässt sich auch mit Entrüstung nicht aus der Welt schaffen.«
Ver.di verlangt den Erhalt der 38,5-Stunden-Woche für die etwa 340 000 Beschäftigten der Kommunen Baden-Württembergs und Niedersachsens. Mit Hilfe einer Öffnungsklausel im neuen Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes (TVöD) wollen die kommunalen Arbeitgeber dieser Länder die 40-Stunden-Woche einführen.
In den Ländern will die Gewerkschaft für etwa 900 000 Beschäftigte erreichen, dass auch für sie der neue TVöD gilt. Die Länder waren ausgeschert, so dass der TVöD nur im Bund und den Kommunen wirksam ist.
In Berlin demonstrierten gestern etwa 1000 Bundesbeamte gegen Sparpläne der Bundesregierung. Der Protest richtete sich gegen eine Verlängerung der Wochenarbeitszeit von 40 auf 41 Stunden und eine Halbierung des Weihnachtsgeldes. In Deutschland gibt es 400 000 Bundesbeamte.

Artikel vom 03.02.2006