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Springer gibt TV-Pläne auf

Kauf von ProSiebenSat.1 endgültig abgesagt - »Risiken unkalkulierbar«

Berlin/München (dpa). Der Medienkonzern Springer verzichtet auf seine milliardenschweren Übernahmepläne im deutschen Fernsehmarkt. Nach monatelangem Ringen mit Kartell- und Medienwächtern sagte die Axel Springer AG gestern den Kauf von Deutschlands größtem Fernseh-Konzern ProSiebenSat.1 ab.

Damit verzichtet Europas größtes Zeitungshaus (»Bild«, »Welt«) wegen damit verbundener wirtschaftlicher und juristischer Unwägbarkeiten sowohl auf eine Sondererlaubnis des Wirtschaftsministers in Berlin als auch auf eine Klage gegen das Veto des Bundeskartellamtes.
»Unser wichtigstes Ziel ist es, die wirtschaftliche und publizistische Unabhängigkeit der Axel Springer AG sicherzustellen«, sagte Vorstandschef Mathias Döpfner. Die Risiken bei einem Minister-Erlaubnisverfahren wären unkalkulierbar gewesen. »Die zuständigen Behörden haben entschieden. Wir nehmen das sportlich und schauen nach vorne«, sagte Döpfner.
Das Ende der Pläne sei »nach intensiver Prüfung und sorgfältiger Abwägung« mit den ProSiebenSat.1-Besitzern, einer Investoren-Gruppe um den US-Milliardär Haim Saban, abgestimmt worden. Die TV-Kette bedauerte das Scheitern. »Die Transaktion wäre eine gute Lösung für ProSiebenSat.1 gewesen«, sagte Vorstandschef Guillaume de Posch. »Wir werden die Gruppe aus eigener Kraft weiterentwickeln und uns weiterhin auf unser operatives Geschäft konzentrieren.« Saban äußerte sich enttäuscht. Nun würden alle Alternativen geprüft.
Ein grundsätzliches Interesse an ProSieben SAT.1 bekräftigte bereits der französische Fernsehkonzern TF1. Als weitere potenzielle Käufer des Münchner Senderverbundes werden Finanzinvestoren sowie die Medienunternehmen NBC, SBS und Viacom gehandelt. Mediaset, der Medienkonzern des italienischen Regierungschefs Silvio Berlusconi, hat dagegen kein Interesse mehr.
Springer hatte die Übernahmepläne Anfang August bekannt gegeben. Für die TV-Familie um die Sender ProSieben, Sat.1 und N24 sollten die Investoren um Saban knapp 2,5 Milliarden Euro erhalten. Nunmehr gebe es keinerlei Zahlungsverpflichtungen, sagte eine Springer-Sprecherin. Auch das öffentliche Übernahmeangebot an die ProSiebenSat.1-Aktionäre werde nicht vollzogen. Die Ausgaben für Verfahrens- und Beraterkosten lagen im niedrigen zweistelligen Millionenbereich.
Das Bundeskartellamt hatte die Übernahme am 23. Januar untersagt. Zuvor hatte bereits die Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) die Fusion abgelehnt, weil sie zu einer »vorherrschenden Meinungsmacht« Springers führen würde. Der Verlag hatte den Wettbewerbshütern zwischenzeitlich mehrere Zugeständnisse angeboten. Entscheidend für das Ende der Pläne sei letztlich kein Einzelaspekt, sondern die Summe der Unsicherheiten gewesen, hieß es bei Springer.
Seine Beteiligung von zwölf Prozent an ProSiebenSat.1 will Springer auch angesichts der »sehr erfreulichen Wertentwicklung« zunächst behalten. Falls ein Käufer für den Anteil böte, gelte es aber zu prüfen, ob der Preis attraktiv sei, sagte Konzernsprecherin Edda Fels. Sie bekräftigte, das Unternehmen Springer werde sich nun verstärkt digitalen Märkten und dem Ausland zuwenden. S.4 Kommentar

Artikel vom 02.02.2006