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Spätere Rente kommt früher

Volles Ruhegeld mit 67 Jahren von 2029 an - Kabinett stimmt zu

Berlin (dpa). Schon vom Jahr 2029 sollen Beschäftigte eine volle Rente erst mit 67 Jahren erhalten. Dies kündigte Bundessozialminister Franz Müntefering (SPD) gestern überraschend nach einer Kabinettssitzung an.

Er habe dabei die Rückendeckung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und des Bundeskabinetts, sagte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm. Konkretisierungen seines Planes will Müntefering dem Kabinett zusammen mit dem verspäteten Rentenversicherungsbericht am 8. März vorlegen.
Nach den Vorstellungen des Ministers soll zwölf Jahre lang von 2012 an das Renteneintrittsalter um jeweils einen Monat nach hinten verschoben werden, danach sechs Jahre lang jeweils um zwei Monate. Damit will Müntefering die angespannten Rentenkassen entlasten, den Beitragsatz unter 20 Prozent und den Bundeszuschuss stabil halten.
Alle Kabinettsmitglieder hätten den Vorschlag akzeptiert, sagte Müntefering. Das Vorhaben stehe in Übereinstimmung mit den Koalitionsvereinbarungen. Das Gesetz soll spätestens 2007 beschlossen werden. Es würde dazu führen, dass Beschäftigte des Geburtsjahrganges 1962 oder jünger erst mit 67 ohne Abschläge in Rente gehen können.
Der SPD-Vorsitzende Matthias Platzeck nannte das Vorhaben »kein Herzensanliegen der SPD«. Angesichts der demographischen Entwicklung sei die Maßnahme aber unausweichlich, um die Rentenversicherung finanzierbar zu halten. Er begrüßte es, dass die Kanzlerin »endlich klar Position bezogen« habe.
SPD-Chef Platzeck mahnte mehr Gemeinsamkeit in der Koalition an. »Die SPD will den Erfolg der großen Koalition.« Sie könne aber nur dann erfolgreich sein, »wenn beide Partner auch gemeinsam schwierige Entscheidungen durchtragen«.
Müntefering betonte, dass gleichzeitig ältere Menschen verstärkt in Beschäftigung gebracht werden sollen. Er fügte hinzu: »Rentenversicherungsmitglieder, die 45 volle Versicherungsjahre haben, werden auch in Zukunft mit 65 Jahren den vollen Rentenbeitrag erhalten.« Zugleich kündigte der Minister an, die Beiträge zur Rentenversicherung im kommenden Jahr wie im Koalitionsvertrag vorgesehen von 19,5 auf 19,9 Prozent anzuheben.
Münteferings Vorstoß zur rascheren Einführung der Rente mit 67 war in den vergangenen Tagen auf Kritik beim Koalitionspartner gestoßen. Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) hatte dem Vizekanzler vorgehalten, der Plan sei mit den Koalitionsfraktionen nicht abgestimmt und weiche vom Koalitionsvertrag ab. Ähnliche Kritik kam von Bundesverbraucherminister Horst Seehofer (CSU). Der Koalitionsvertrag sieht für die Anhebung des Renteneintrittsalters von 65 auf 67 Jahre einen Zeitraum bis »spätestens 2035« vor.
Wilhelm sagte dazu, Müntefering habe sein Anliegen »in Absprache« mit der Kanzlerin ins Kabinett gebracht. Der Vorstoß sei im übrigen vom Koalitionsvertrag gedeckt, da dort »kein fixes Datum« genannt sei. Nach den Worten eines Ministeriumssprechers ist die beschleunigte Einführung der Rente mit 67 Teil eines »ausgewogenen Gesamtpaketes«.
Seite 4: Kommentar

Artikel vom 02.02.2006