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Eckhard Uhlenberg

»Nur auf der Basis eines breiten
Konsenses erfolgt eine Umsetzung.«

Leitartikel
Biosphären-Reservat

Uhlenberg und die Nachtigallen


Von Reinhard Brockmann
NRW-Minister Eckhard Uhlenberg kann sich »gut vorstellen, eine Kombination aus einem Biosphären-Reservat für einen großen Einzugsbereich zusammen mit einem integrierten Nationalpark zu gestalten, der vor allem den Staatswald in der Egge umfasst«. Damit würden Probleme in der Senne vermieden und Gutes für die umliegenden Bäderkommunen getan.
Nanu? Wandelt der neue Umwelt- und Landwirtschaftsminister von der CDU auf den Pfaden seiner abgewählten grünen Vorgängerin Bärbel Höhn? Auch Worte von Ministerpräsident Jürgen Rüttgers, wonach NRW ein zweiter Nationalpark gut zu Gesicht stünde, erfreuen die seit der Landtagswahl ausgebooteten Nationalpark-Anhänger.
Schon hat der »Förderverein Nationalpark Senne« seinen Titel um das schöne Wörtchen »Eggegebirge« ergänzt. Die klammheimliche Freude bei der politischen Konkurrenz über Uhlenbergs grüne Anwandlungen ist groß.
Der Vorwurf »Wahlbetrug« muss mindestens bis zum Sommer zurückgestellt werden. Für eine noch längere Diskussionsphase plädiert der Eggegebirgsverein (6400 Mitglieder/48 Ortsvereine), die mit Abstand wichtigste Vertretung der Naherholer in dem riesigen Waldgebiet zwischen Warburg und Detmold.
Uhlenberg hat in der eingangs zitierten Rede im August vor dem baff erstaunten Agrarausschuss scheinbar klargestellt: »Nur auf der Basis eines breiten Konsenses erfolgt eine Umsetzung.«
Aber wie soll die breite Übereinstimmung ermittelt werden? Stadträte, Kreistage, Regionalrat alle Verbände und Lobby-Gruppen werden sich äußern, die Grünen wünschen zudem eine Expertenanhörung. Dennoch kann das alles am Ende kein demokratisch legitimiertes Ergebnis sein.
Längst gibt es ein knallhartes Nein aus der Land- und Forstwirtschaft. 750 ins Reservat fallende Betriebe aus Höxter, Lippe und Paderborn hören die Signale und sind alarmiert.
Obwohl es in einem Biosphären-Reservat, anders als im Nationalpark, für Landwirte null Einschränkungen gibt, glauben sie als gebrannte Kinder, dass die (von wem zu bezahlende?) Reservats-Verwaltung unternehmerische Freiheiten einschränken wird. Nebenbei: Jeder Eigenheimbesitzer wäre sauer, wenn irgendjemand über seinen noch so kleinen Grund und Boden verfügen wollte.
Darüberhinaus ist die Forstwirtschaft in Sorge. Staatliche Förstereien wie private Waldbetriebe haben in den vergangenen Jahren absolut naturverträglich gearbeitet. Längst werden Kriterien für anspruchsvolle Qualitätssiegel erfüllt und naturschützerische Vorleistungen erbracht, die auf einmal, so der Eindruck der Betroffenen, nichts mehr gelten.
Minister Uhlenberg muss sich auf eine etwas andere Sicht gefasst machen, wenn er nächste Woche zum Beispiel in Altenbeken-Buke für sein Projekt wirbt. Alles hat zwei Seiten, oder wie es in Westfalen heißt: Dem einen sin Uhl, ist dem andern sin Nachtigall.

Artikel vom 02.02.2006