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Kabarett startet
Attacke auf das Humorzentrum

Thomas Reis tritt in Realschule auf

Brackwede (WB). »Gibt es ein Leben über 40?« Diese Frage stellt Kabarettist Thomas Reis am Samstag, 4. Februar, von 20 Uhr an in der Aula der Realschule Brackwede.
Hält der Gesellschaft den Spiegel vor: Thomas Reis.

Dann kommt Reis, den die »Zeit« als »bizarre Mischung aus Kafka, Heine und Gene Kelly« bezeichnete, auf Einladung des Bielefelder Jugendkulturrings in die Schule an der Kölner Straße 40. Als zweite Veranstaltung im Rahmen des ersten Jugendkulturring-Kabarett-Festivals wird er in der Aula ein volles Forum haben.
Reis ist in der Kabarett-Szene kein Unbekannter. Schon seit Jahren reitet der scharfzüngige und viel gepriesene Wortakrobat mit Programmen wie »Ein Schwein wird Metzger« oder »So wahr ich Gott helfe« seine Attacken auf das Humorzentrum seiner Mitmenschen. Seine Karriere begann bereits als Schüler, inzwischen heimste er mehr als zehn Kleinkunst- und Kulturpreise ein. Nebenher lieferte er seine satirischen TV-Beiträge an die Fernsehsender der Republik.
Den großen Coup landete er mit seinem jüngsten Streich unter dem Titel »Gibt's ein Leben über 40?«. Damit hat er das ultimative Kabarettprogramm geschaffen. Es geht um unsere Macke mit der Zeit, die heitere Vergeblichkeit des Strebens. Kabarett zwischen Gegenwartsangst und Zukunftsbewältigung, zwischen Faltencreme und Kinderwunsch, über den Weg der Nach-68er vom Hausbesetzer zum Hausbesitzer, vom Pädagogikstudenten zum Anlageberater, vom Hollandrad zum Porsche. Aber es ist zugleich eine Groteske über komische Opas und gepiercte Omas; über ältere Kinder und kindliche Eltern; über Raver auf dem Tretroller mit Ischiasproblemen und Soziologiestudentinnen mit Seniorenpass; über Menschen, die sich so lange fortbilden, bis sie weg sind, und über solche, die pausenlos arbeiten, um später dann doch keine gute Zeit zu haben. Mit anderen Worten: Das Leben ist eine einzige Midlife-Crisis. Und wer sich mit 70 immer noch fragt, was er später eigentlich mal machen will, wer sich mit 80 von seiner Freundin trennt, weil er das Bedürfnis hat, sich erst mal richtig auszuleben, bevor er sich bildet, der hat doch irgendwie auch recht.
Alltagsbeobachtungen paaren sich mit Autobiographischem, Comedy mit philosophischen Tendenzen. Und vor seinen tagesaktuellen Analysen ist keine »Politnase« sicher.

Artikel vom 02.02.2006